Kölner Ämter lassen einen allein

Vor sieben Jahren illegal eingereist, lebt der Nigerianer Akinlose Lijoka heute mit deutscher Frau und gemeinsamem Kind in Köln. Mit Duldungsstatus. Klarer Fall für eine Aufenthaltsgenehmigung – doch das Ausländeramt entscheidet nicht

VON DIRK ECKERT

De facto geduldet, aber auch nicht anerkannt. In dieser rechtlichen Grauzone lebt Akinlose Lijoka. Der 36-jährige Nigerianer darf eigentlich gar nicht hier sein, denn er ist illegal nach Deutschland eingereist. Und er darf doch hier sein, denn seine Familie lebt hier. Seit zwei Jahren ist Lijoka verheiratet mit einer Deutschen, Ulrike, ebenfalls 36, die beiden haben ein gemeinsames Kind. Mit einer Tochter von Ulrike leben sie in Köln, im rechtsrheinischen Dellbrück.

Alle zweieinhalb Monate muss Lijoka zur Stadt, seine „Grenzübertrittsbescheinigung“ verlängern lassen. Anfangs musste er sich sogar alle vier Wochen melden. Inzwischen stempelt die Stadt schon nicht mehr auf der eigentlichen Bescheinigung, sondern auf angehefteten Blättern. Mehr als diese De-facto-Duldung hat Lijoka nicht. „Ich kann nicht arbeiten“, sagt er. Der technische Ingenieur träumt davon, eines Tages vielleicht „auf einer Bohrinsel in der Nordsee“ zu arbeiten. Momentan bleibt der Familie nur ein Leben mit Sozialhilfe. „Das Geld reicht hinten und vorne nicht“, klagt Ulrike Lijoka. „Schizophren“ nennt sein Anwalt Burkhard Zimmer diese Lage. „Auf der einen Seite setzen die Behörden die Ausreiseverpflichtung nicht durch, auf der anderen Seite geben sie ihm auch keinen vernünftigen Aufenthaltsstatus, sondern lassen ihn mit einer Duldung schmoren.“

Die Geschichte von Lijoka ist die eines Illegalen. 1997 reiste der Nigerianer illegal nach Deutschland ein. Nach dreieinhalb Monate im Gefängnis wieder auf freiem Fuß, wurde sein Asylantrag abgelehnt. Angehört wurde er nicht, da er mittlerweile untergetaucht war. Aus dieser Zeit stammt auch die Ausweisungsverfügung, die ihm heute so zu schaffen macht. Erst als er seine jetzige Frau kennengelernt hatte und ein Kind unterwegs war, schaltete er einen Anwalt ein. Seine Vaterschaft wurde nachgewiesen, das Oberlandesgericht genehmigte die Eheschließung, so dass die beiden am 7. Mai 2002 heiraten konnten.

Die Ausweisungsverfügung existiert jedoch weiterhin. Das Ausländeramt bestehe auf einer Ausreise nach Nigeria, klagen die Lijokas. Das lehnt die Familie aber ab, denn in dem afrikanischen Land könnte es ein bis zwei Jahre dauern, bis Lijoka ein Visum bekomme und wieder nach Deutschland zu seiner Familie zurückkehren könne, fürchtet sie. Um die Ausweisungsverfügung „zu bereinigen“, wie Ulrike Lijoka sagt, wäre ihrer Ansicht nach die „grenznahe“ Ausweisung geeignet. Lijoka würde etwa nach Holland oder Frankreich ausreisen, bekäme dort ein Visum und könnte umgehend legal wieder einreisen. Das Ausländeramt habe zeitweise auch schon Zustimmung signalisiert, sagt Ulrike Lijoka. „Aber jedes Mal, wenn es konkret wird, macht die Ausländerbehörde einen Rückzieher.“

Um das Verfahren zu beschleunigen, hat Lijoka Ende letzten Jahres eine Untätigkeitsklage gegen das Kölner Ausländeramt vor dem Verwaltungsgericht eingereicht. Im November habe die 12. Kammer in einem Schreiben an die Stadt formuliert, sie gehe davon aus, dass kurzfristig entschieden werde, berichtet Anwalt Zimmer. Jetzt, mehr als ein halbes Jahr später, kann er nur resigniert feststellen: „Es passiert überhaupt nichts.“ Dem Gericht habe er das inzwischen auch mitgeteilt, sagt er. Doch das habe noch nicht reagiert.

Eine „verfahrene Kiste“ nennt Ulrike Lijoka die Lage. Die Familie sucht jetzt Unterstützung, um dem Ausländeramt auf die Sprünge zu helfen. Schließlich geht es ihr doch nur darum, dass der Ehemann und Vater legal bei seiner Familie leben darf. Das ist auch für Arif Ünal von der grünen Ratsfraktion der springende Punkt. Er habe sich bei der Ausländerbehörde für Lijoka eingesetzt, berichtet er. „Entscheidend ist, dass er verheiratet ist und ein Kind hat. Nach dem Ausländerrecht muss er eine Aufenthaltserlaubnis kriegen.“

Leider gehe die Ausländerbehörde nicht auf die Möglichkeit der grenznahen Ausreise ein und entscheide nicht zugunsten der Familie, bedauert er. „Ich kann nicht verstehen, warum man der Familie nicht entgegenkommt. Die Ausländerbehörde muss ihre Entscheidung revidieren.“ Und Oberbürgermeister Fritz Schramma müsse als Verwaltungschef darauf einwirken, dass vorhandene Spielräume genutzt werden, fordert der Grüne.

Auch Muharrem Acikgöz, Mitarbeiter im Kölner „AntiDiskriminierungsbüro/Öffentlichkeit gegen Gewalt“ (ADB/ÖgG), plädiert für eine schnelle Lösung. „Die Situation der Familie wird nicht berücksichtigt“, kritisiert er, obwohl doch der Schutz der Familie im Grundgesetz der Bundesrepublik einen hohen Stellenwert habe. Allerdings sei der Fall Lijoka nicht der einzige, in dem die Ausländerbehörde das Verfahren verschleppe, sagt er.