Papi, kauf mir ‘ne Gambe!

Die Glocke präsentiert ein Jubiläums-Programm für die Spielzeit 2003/2004: Bremens Traditionskonzerthaus klingt und schwingt seit nunmehr 75 harmonischen Jahren

Mit einer Festwoche wird das Konzerthaus „Die Glocke“ im Oktober seinen 75. Geburtstag feiern. Unter den Jubiläumsgästen wird Brigitte Mira mit ihrer One-Woman-Show „Kleine Frau, was nun?“ sein. Auch Ute Lemper wird ihr neues Programm „Nomaden“ vorstellen. Die Bremer Philharmoniker führen Werke von Wagner und Beethoven auf, die sie – natürlich in anderer Besetzung!! – schon vor 75 Jahren zur Einweihung der „Glocke“ spielten.

„Glocke“-Geschäftsführer Thomas Weinsberg, seit November 2002 im Amt, setzt in der kommenden Saison ambitionierte Konzert-Reihen wie „Glocke vokal“ fort, die seine Vorgängerin Ilona Schmiel erfolgreich ins Leben gerufen hatte. Doch er initiiert auch neue Projekte: Mit „Music after Work“ präsentiert er eine Reihe einstündiger „Feierabend“ -Konzerte, die jeweils um 18 Uhr beginnen. Und auch eine Serie von Jazz-Konzerten beginnt. Beeindruckende Projekte in schwierigen Zeiten. Und woher kommt das Geld dafür? Ex-Geschäftsführerin Ilona Schmiel hatte im Januar 2002 wegen fehlender finanzieller Unterstützung noch enttäuscht den Hut genommen. Weinsberg dagegen suchte sich Sponsoren. Müssen die Auftritte von Jazz-Stars wie John McLaughlin und Aziza Mustafa-Zadeh deshalb gleich „Kraft Foods Jazz-Nights“ heißen? Weinsberg gibt sich enthusiastisch: „Ich freue mich sehr über diese Namensintegration, sie ist griffig.“ Einfluss auf die Programmgestaltung hätten die Sponsoren nicht, erklärt er: Man entscheide im Vorfeld, wer sich für welches Projekt interessieren könnte. Wie groß der Anteil der Sponsoren am Budget der „Glocke“ sei, sagte er nicht.

Mitteilsam gibt sich dagegen Zuzana Pesselovà, die ambitionierte Leiterin des „Musik im Ohr“-Programms zur Nachwuchsförderung in der „Glocke“. Sie initiiert „Ohrwurm“-Konzerteinführungen für Teens, Ferienprogramme und Kindertage. Ihr Projekt, so betont Pesselovà, sei sehr zielgruppenorientiert. Man habe extra ein Beraterteam von 50 Kindern und Teenagern zusammengerufen. Die hätten den Erwachsenen erzählt, was für Musik-Angebote ihnen Spaß machen. So entstand die Möglichkeit, in der „Glocke“ Geburtstag zu feiern und der Kindertag für Kleinere ab sieben Jahre: Kinder können die Proben der Philharmoniker besuchen, Instrumente ausprobieren und zum Abschluss ein Mini-Konzert geben. „Papa, ich will nicht mehr zum Karate-Unterricht! Ich möchte lieber Gambe spielen lernen!“ soll ein Knirps nach einer solchen Veranstaltung gerufen haben. Ob die galoppierende Konvertierung vom Fighter zum Barocker ein Massenphänomen wird oder eher vereinzelt auftritt, ist noch nicht erwiesen. Spaß an klassischer Musik kriegen Kids beim „Schnuppern“ in der Glocke aber sicher.

Katharina Müller