Warten auf die Weltkultur

Die Unesco stellt Bremen in die Warteschleife: Der Antrag auf Aufnahme ins „Weltkulturerbe“ ist vertagt, das offizielle Gutachten allerdings negativ

taz ■ „Im ersten Anlauf haben wir nicht alle Herzen und Köpfe im Sturm erobert.“ In diese schönen Worte kleidete Senatssprecher Klaus Schloesser gestern eine Nachricht, die die Deutsche Presse Agentur (dpa) sehr viel nüchterner formulierte: „Bremen wird nicht Weltkulturerbe.“

Tatsache ist, dass das Bremer Begehr, Rathaus, Roland und den Marktplatz als „unersetzlich für die gesamte Menschheit“ klassifizieren zu lassen, vorerst gescheitert ist. Gestern in Paris entschied die Unesco auf „deferred“: „Antrag zurück gestellt“.

So überraschend es klingt: Für Bremen war dies das bestmögliche Ergebnis. Denn das vorentscheidende Gutachten der ICOMOS (International Council on Monuments and Sites) hatte für „nicht nominieren“ plädiert. Es bezweifelt den „außergewöhnlichen, universellen Wert“ des Rathaus-Ensembles – Hintergrund ist die deutliche Überrepräsentiertheit europäischer Bauwerke auf der Kulturerbe-Liste – und äußert Zweifel an der ebenfalls geforderten „Authentizität“ (dem unveränderten Erhalt) der baulichen Substanz. Dieses Gutachten hat der deutsche Unesco-Vertreter auf Bremer Initiative nun angefochten.

Senatssprecher Klaus Schloesser ist „froh“, dass ein Jahr Zeit sei, „geduldige Überzeugungsarbeit“ zu leisten. Nun müsse die „Philosophie der Stadtstaatlichkeit“ als Alleinstellungsmerkmal besser kommuniziert werden. Auch vom Sprecher der deutschen Unesco-Kommission, Dieter Offenhäußer, ist Tröstliches zu hören: Wer einmal im Antragsverfahren ist, habe „immer ganz gute Chancen“.

Allerdings ist bislang noch nicht einmal gesichert, dass Bremen im kommenden Jahr von der Kultusministerkonferenz als deutscher Vorschlag eingereicht wird. Denn: „deferred“ garantiert keineswegs die automatische Wiedervorlage. Zur Debatte stehen auch die Anmeldung der Dresdner Elbfront sowie die Präsentation des Limes, der alten römischen Grenzbefestigung.

Letztere würde als Ergänzung des bereits Unesco-klassifizierten Hadrianwalls eingereicht werden. In einem ebenfalls grenzüberschreitenden Antrag liegt nun auch die Bremer Chance: als Erweiterung des 2002 erfolgreichen Bewerberteams Wismar und Stralsund. Der strategische Vorteil: Das Übergewicht europäischer Welterbe-Stätten würde dadurch – numerisch –nicht vergrößert. Bisher aber hat Bremen auf einer eigenständigen Bewerbung bestanden.

Henning Bleyl