Initiative hat „Schnauze gestrichen voll“

Die Bürgerinitiave gegen den Bergbau in Dinslaken hat den Erörterungstermin verlassen: Sie will sich nicht länger von ungeprüften Behauptungen der Steinkohlelobby gängeln lassen. Bezirksregierung will trotzdem weiter erörtern

DINSLAKEN taz ■ Der 19. Tag war auch gleichzeitig der letzte bei der Mommbach-Erörterung in Dinslaken – zumindestens für die wenigen Aufrechten der Bürgerinitiative Bergbaubetroffener (BiB) und den NABU. Die BiB-Leute verließen am Morgen geschlossen die Versammlung in der Katrin-Türks-Halle, der NABU am Mittag. „Wir haben einfach die Schnauze gestrichen voll hier“, machte Helga Franzkowiak vom Landesbüro der anerkannten Naturschutzverbände ihrem Zorn Luft. „Wir könne hier nicht nur auf bloßen Annahmen hin diskutieren“, meinte ihre Kollegin Hannelie Steinhoff.

Bei der Erörterung geht es um die wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Rheinbergbaus auf das Naturschutzgebiet in der Mommbachniederung – bislang kaum berührte Natur bei Voerde, eine schützenswerte Landschaft aus Streuobstwiesen, Kopfweiden und Hecken. Durch den Kohleabbau des Bergwerks Walsum soll das Gebiet absinken. Die Folge: Mit dem Grundwasseranstieg wird es Vernässungen der Flächen bis hin zu kleinen Seen geben.

Spätestens seit der Verkündigung des Schließungsbeschlusses für die Zeche Walsum letzte Woche war der Sinn des Erörterungstermins in Frage gestellt. Am Dienstag vergangener Woche wurde deshalb die Anhörung für einen Tag unterbrochen – auf massiven Druck der beteiligten Behörden: „Wenn Sie das hier so durchpeitschen, dann herrscht hier Krieg am Niederrhein“, hatte sich an diesem Tag der Voerder Planungsamtsleiter Hans-Martin Seydel drastisch zu Wort gemeldet. Es war dem BiB-Vorsitzenden Klaus Friedrichs vorbehalten, in einem Abschlusswort die Begründung für die Abkehr von dem Verfahren zu liefern – die Aufzählung reichte dabei von fehlenden Unterlagen des Lippeverbandes und falschen Berechnungen des Grundwasserströmungsmodells über die Gefahr für das Trinkwasser bis zu fehlenden Neudaten über das für 2008 geplante Ende vom Bergwerk Walsum. „Eine Erörterung unter diesen Umständen macht für uns keinen Sinn mehr“, lautete das Fazit des BiB-Vorsitzenden. Die Bezirksregierung Arnsberg habe sich sogar mit einem Brief der DSK abspeisen lassen, wo die noch abzubauenden Felder einfach nur mit P benannt waren – der Lippeverband habe dann mit telefonisch bestätigten Details weitergemacht, die schwarz auf weiß nicht nachvollziehbar seien. „Wenn ich nicht weiß, welche Auswirkungen kommen, kann ich nicht sachgerecht erörtern“, meint der Voerder Rechtsamtsleiter Steffen Himmelmann. Formal könne man als Stadt eine andere Behörde nicht boykottieren – „aber vielleicht treten wir an den Verbandsvorsteher des Lippeverbandes mal heran, um endlich an vernünftige Auskünfte zu kommen.“

Die Bezirksregierung Arnsberg reagierte auf den Auszug der Bergbaukritiker mit Unverständnis. „Für uns ist die Sache weiter erörterungsfähig“, meinte der Pressesprecher der Bezirksregierung, Andreas Nörthen, zur taz. Es sei ein Recht der Bürger, aber keine Pflicht, an der Erörterung teilzunehmen – man bedauere den Rückzug der Bürger, so Nörthen. Die Behörde sei verpflichtet, die Erörterung fortzuführen. Eine Mitschuld an der Situation sieht er nicht. Klaus Steinbach vom Lippeverband kommentierte die Situation folgendermaßen: „Die Bürgerinitiative scheint nicht akzeptieren zu können, dass der Bergbau noch vier Jahre unter dem Mommbach umgehen wird. Unser Zeitschnitt bis 2009 hat sich als richtig erwiesen. Die Maßnahmen unseres Konzeptes decken die Senkungen und Vernässungen bedingt durch den Bergbau ab.“ ALEXANDER FLORIÉ