Per Charterflug in die Hände der Militärs

In einer europaweiten Aktion sollen heute Togolesen abgeschoben werden. Darunter sind auch zwei Flüchtlinge, die bisher in Berliner Abschiebehaft saßen. Flüchtlingsinitiativen: Abgeschobene werden in Togo regelmäßig misshandelt

Für den 40-jährigen Salem P. gibt es kein Zurück mehr. Ein bereits vor zwei Wochen geplanter Charterflieger mit elf togolesischen Flüchtlingen wird heute vom Hamburger Flughafen in das westafrikanische Land fliegen. Neben Salem P. mit an Bord: ein weiterer Flüchtling, der bis gestern im Berliner Abschiebegefängnis Köpenick saß.

Dreimal versuchte die Berliner Ausländerbehörde bereits, Salem P. abzuschieben. Beim ersten Mal konnte sie aber seine Identität nicht eindeutig feststellen. Beim zweiten Versuch setzten Grenzschützer ihn vor zwei Monaten mit Gewalt in ein Linienflugzeug. Doch der Pilot der Air-France-Maschine weigerte sich, ihn aufzunehmen. Beim Ausstieg stürzte P. von der Treppe und verletzte sich den Fuß.

Eine gecharterte Maschine habe schon eine andere Qualität, sagt Jens-Uwe Thomas vom Flüchtlingsrat Berlin. Denn anders als bei einem Linienflugzeug, sei es unwahrscheinlich, dass sich der Pilot den Behörden widersetzen werde. Christine Schmitz, deren „Initiative gegen Abschiebehaft“ die beiden Flüchtlinge während der Haft betreut hatte, verurteilt die Aktion der Behörde daher als besonders unmenschlich: „Die Ausländerbehörden scheinen keine Kosten zu scheuen, die Flüchtlinge loszuwerden.“ Die Berliner Behörden wollten sich zu den Abschiebungen nicht äußern.

Schmitz verweist auf die politische Situation in Togo, die sich in den vergangenen 13 Jahren unter der Herrschaft des Diktators General Eyadéma nur wenig verändert habe. Menschenrechtsverletzungen stünden weiterhin auf der Tagesordnung.

Zudem beruft sich Schmitz auf Informationen der „Antirassistischen Initiative Berlin“ (ARI), die dem Schicksal von rund 30 in der Vergangenheit abgeschobener Flüchtlinge nachgegangen ist. Allesamt sind sie nach ihrer Landung in Togo festgenommen und dann vom Militär misshandelt worden. Obwohl vereinbart war, in Kontakt zu bleiben, hat die ARI die Spuren von fünf Flüchtlinge verloren. Mindestens einer sei an den Folgen der Misshandlungen gestorben.

Unter den abgeschobenen Togolesen aus mindestens vier Bundesländern befindet sich nach Angaben von Schmitz auch der HIV-positive Simon K., der bisher in Hamburg in Abschiebehaft saß. Für ihn hatte sich in den vergangenen Monaten unter anderem die Norddeutsche Aids-Hilfe (NAH) stark gemacht. „Wenn Herr K. nach Togo zurück muss, wird das ein Flug in den sicheren Tod“, warnte NAH-Sprecherin Brigitte Litfin. Denn mit einer medizinischen Betreuung könne K. in Togo nicht rechnen.

Die elf Togolesen aus deutscher Abschiebehaft werden nicht die Einzigen sein, die heute ausgeflogen werden. Beim Zwischenstopp in Amsterdam sollen mindestens zwei weitere Flüchtlinge zusteigen. Sie fallen den verschärften Asylgesetzgebungen der Niederlande zum Opfer.

FELIX LEE