Indien und Pakistan kommen sich wieder näher

Islamabad geht gegen mutmaßliche Terrordrahtzieher vor, Delhi rückt von der Forderung nach ihrer Auslieferung ab

DELHI taz ■ Die Regierung in Islamabad beäugt sich offenbar dem zunehmenden internationalen Druck: Pakistanische Sicherheitskräfte haben 71 Terrorverdächtige festgenommen und mehr als 120 Personen „unter Beobachtung gestellt“, die in die Anschlagsserie auf Bombay Ende November verstrickt sein sollen. „Wir nehmen den Kampf gegen den Extremismus sehr, sehr ernst“, sagte der innenpolitische Berater des Premierministers und Quasi-Innenminister Rehman Malik am Donnerstag in Islamabad.

Es seien fünf Lager, 87 Schulen, 20 Büros und sieben Koranschulen der Organisation Jamaat-ud-Duwa (JuD) geschlossen worden. Indien erhebt seit langem Vorwürfe, die JuD sei lediglich der Deckmantel für die Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba (LeT), die Delhi für die Bombay-Anschläge verantwortlich macht. Das räumte Pakistans Regierung allerdings nur indirekt ein: Die Festnahmen seien erfolgt, weil die Vereinten Nationen diesen Verdacht geäußert hätten.

Unter den Festgenommen sind auch die JuD-Anführer Hafiz Saeed und Zaki-ur-Rehman Lakhvi. Saeed war in den Achtzigerjahren einer der LeT-Gründer und stand seit deren Verbot 2002 der JuD vor. Lakhvi soll der Hauptdrahtzieher der Bombay-Anschläge sein.

Malik kündigte an, die Ermittlungsbehörden seines Landes würden nun unter Hochdruck die Vorwürfe gegen die Beschuldigten untersuchen. Hierfür solle Indien auf das Angebot gemeinsamer Ermittlungen eingehen und „weitere Beweise liefern“. Pakistan und Indien müssten nun „zusammenhalten“, fügte er hinzu.

In den vergangenen Wochen hatten auch die USA und Großbritannien Islamabad immer stärker dazu gedrängt, gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vorzugehen. Den Ausschlag zur endgültigen Kehrtwende hat nun vermutlich ein enger Alliierter herbeigeführt: Anfang der Woche hatte der saudische Geheimdienstchef Pakistan besucht.

Indien und Pakistan sind unter dieser internationalen Vermittlung vermutlich einen Deal eingegangen. Denn ebenfalls am Donnerstag erklärte Indiens Außenminister Pranab Mukherjee in Delhi überraschend, dass die Terroristen auch in Pakistan vor Gericht gestellt werden können. Bislang hatte Indien immer darauf bestanden, Islamabad müsse sie ausliefern. SASCHA ZASTIRAL