Abrissbirne für NS-Gedenkstätte

Bund, Land und Gedenkstätten-Stiftung stornieren wegen unkalkulierbarer Kosten endgültig ambitionierten Betonstäbebau des Schweizer Architekten Peter Zumthor

BERLIN taz ■ Der Entwurf des Schweizer Architekten Peter Zumthor für die NS-Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ in Berlin wird nicht gebaut, das Projekt wird neu ausgeschrieben. Darauf haben sich der Bund, das Land und die „Topographie“-Stiftung geeinigt, wie Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) mitteilte.

Die Gründe dafür seien Risiken für Mehrkosten von 3 bis 5 Millionen Euro allein bei der Realisierung des ambitionierten Betonstäbebaus, erklärte die Bundesministerin. Dazu kämen Schätzungen für Betriebskosten, die „enorm hoch“ seien. Die Kosten waren aber schon seit Jahren auf 38,9 Millionen Euro gedeckelt worden, hälftig zu tragen vom Bund und dem Land Berlin. Der Bund übernimmt vom Land nun auch die Bauplanung des Projekts. Bisher wurden etwa 13 Millionen Euro verbaut, erklärte die Berliner Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Zwei bereits gebaute mehrstöckige Versorgungstürme würden abgerissen, Förderkräne auf der überwucherten Brache in Kreuzberg abgebaut. Die Senatorin schätzt die Kosten für den Abriss und ausstehende Honorare auf max. 2 Millionen Euro. Den Planungen nach soll nun in zwei Jahren der erste Spatenstich für den (neuen) Neubau erfolgen, zwei Jahre später soll er fertig sein.

In einer ersten Reaktion zeigte sich der Schweizer Stararchitekt „erschüttert“ und „sprachlos“ über die Entscheidung aus Berlin. Das Projekt, so Zumthor zur taz, habe ihm „elf Jahre Blut, Schweiß und Tränen“ gekostet. Man habe in sein Schweizer Dorf „immer wieder Dreck geworfen“: „Man lügt mich an.“ Seit zehn Jahren habe man insgeheim Gründe gesucht, den Entwurf nicht zu verwirklichen. Er habe noch „keine Ahnung“, ob er gegen den Berliner Beschluss prozessieren werde. Wenn man ihn gebeten hätte, beim Entwurf vielleicht etwas mehr als die vorgesehenen 1,2 Millionen Euro an Sicherheitsmarge einzuplanen, „hätte ich nicht Nein gesagt“.

Auf dem Gelände der „Topographie“ waren die Zentralen der Terrorinstitutionen des NS-Staates, etwa der Gestapo, untergebracht. Das Projekt einer Gedenkstätte wird seit Jahrzehnten verfolgt. Nach dem Baubeginn 1995 wurde wegen explodierender Kosten 1999 ein Baustopp verhängt. PHILIPP GESSLER