Technokrat für die Verfassung

Bundestag wählt Verwaltungsrichter Michael Gerhardt nach Karlsruhe

FREIBURG taz ■ Mit Michael Gerhardt hat der Bundestag gestern einen eher unpolitischen Rechtstechniker nach Karlsruhe gewählt. Er ist der erste Verfassungsrichter, den die neuen „Richtermacher“, Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) und CDU-Justiziar Ronald Pofalla, ausgehandelt haben.

Gerhardt ist derzeit Richter am Bundesverwaltungsgericht. Er beschäftigte sich unter anderem mit dem Verbot des islamistischen Spendensammelvereins al-Aksa. Gerhardt publiziert viel, aber eher zu abstrakten Fragen des Verwaltungsrechts. Als Richter soll er offen und durchsetzungsstark sein.

Warum der gebürtige Franke von Zypries vorgeschlagen wurde, ist nicht auf Anhieb zu erkennen. Gerhardt ist parteilos, hat in Bayerns Verwaltung Karriere gemacht und war ab 1984 einige Jahre Mitarbeiter des liberal-konservativen Verfassungsrichter Hans Seidl.

Er wird ab September den eher linken Bertold Sommer im Zweiten Senat ersetzen. Sommers Tätigkeit in Karlsruhe hatte leicht tragische Züge. 1996 musste er gegen seine Überzeugung das bestätigende Urteil zum neuen Asylrecht ausformulieren. Und beim Streit um das Zuwanderungsrecht kam wohl die entscheidende Neinstimme von Sommer, der das Gesetz zwar politisch befürwortete, aber als besonders integrer Richter die Art des Zustandekommens rügte. Derzeit schreibt Sommer am Urteil zum Kopftuch bei muslimischen Lehrerinnen.

CHRISTIAN RATH