gottschalk sagt
: Saubermännchen im Angebot

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Zu Köln war es um die Jahrhundertwende Gang und Gäbe, dass sich das Volk, sobald es das Wetter zuließ, in den Parks und Grünanlagen verlustierte. Da wurde die Frisbeescheibe geworfen, versonnene Studierende übten sich in Tai-Chi, Trommler aus aller Herren Länder schlugen im Volksgarten die Bongos. Junge Menschen mit originellen Haarfrisuren bliesen das Didgeridoo und rauchten exotische Kräuter. Andere sprachen dem Biere zu und grillten Schwein, Lamm, Tofu, Avocadoscheiben oder Grillmaxe von Meica.

Doch waren am frühen Morgen die Trommeln verstummt, hatte sich der letzte Trinker getrollt und sich der Rauch der dreibeinigen Grills verzogen, stapelten sich in den Parks die Hinterlassenschaft der vergnügungssuchenden Städter. Statt nämlich ihren Müll in Tüten zu packen und ihn dem bösen Müllbaron Trienekens in seine Container zu stopfen, ließen doch viele ihren Unrat einfach zurück. Es sah aus wie Sau. Gedankenloses Volk.

Doch Köln wurde zu jener Zeit von Edelmännern, weisen Frauen und Gelehrten regiert. Der Oberbürgermeister sprach sogar Latein. Sie berieten, was zu tun sei. „Wir müssen sie bestrafen“, sprach einer. „Gute Idee“, sagte ein anderer, „doch wenn wir für eine weggeworfene Zigarette schon fünfzehn Euro nehmen, was ist dann ein ganzer Grill wert? Das Volk wird murren!“ – „Da hat Er recht“, sprach nun wieder der erste, „dann müssen wir eben Arbeiter einstellen, die das wegräumen!“ Darauf holte der Kämmerer schweigend das Stadtsäckel aus seinem Kontor, drehte es auf links und hielt es in die Runde. Es war leer.

„Dann holt mir ein paar Sträflinge, die in Ketten des Morgens...“ – „Nicht nötig, nicht nötig“, unterbrach ihn einer, „ich besorg‘ Euch achtzig Mann, die für ein minimales Salär von 1,53 Euro die Stunde arbeiten und die wir zwingen, sich dafür auch noch dankbar zu zeigen. Und ich besorg‘ Euch hundert Mann, bezahlt mit Geld aus dem fernen Nürnberg. Und auch jene können sich nicht wehren, weil wir sie sonst verhungern lassen!“ Da waren alle platt, und dann hielten sie sich die Bäuche und lachten vor Freude.

So begab es sich, dass in jenem Sommer 80 Heinzelsozialhilfeempfänger und 100 ABM-Männchen in den Kölner Parks den Müll wegräumten.