Der kleine Unterschied

Auf Wahlkampf an der Basis: Hamburgs SPD-Möchtegern-Parteichefs Fleckenstein und Petersen starten ihre Tournee durch die Kreise

In einer früheren Autowerkstatt soll der Karren SPD wieder flott gemacht werden

von Sven-Michael Veit

Und dann steht ganz hinten einer auf: „Worin“, will der laut Selbstauskunft „einfache Genosse Klaus“ wissen, „unterscheidet ihr euch eigentlich?“ Da hatten Knut Fleckenstein und Mathias Petersen bereits über eine Stunde lang Statements abgegeben und Fragen beantwortet, Programmatisches erklärt und Perspektiven aufgezeigt – und dann kleidet einer seinen Wunsch nach scharfem politischen Profil ganz harmlos in eine Frage.

Rund 150 Eimsbüttler SozialdemokratInnen sind am Dienstagabend ins Kreisbüro am Grindelberg gekommen, in diese kahle, kühle, karge frühere Autowerkstatt, um ihren künftigen Landesvorsitzenden in Augenschein zu nehmen. Petersen, der 48-jährige Arzt und Bürgerschaftsabgeordnete aus Flottbek, und Fleckenstein, drei Jahre älter und Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes, stehen zur Auswahl beim Mitgliederentscheid in Hamburgs SPD. Bis Freitag nächster Woche werden sie in allen sieben Kreisverbänden auf die Basis zugehen, auf dass diese einen erwähle.

Vom notwendigen „Neuanfang“ spricht Petersen, dass „mehr Transparenz auch bei Personalentscheidungen“ in der SPD her müsse, dass „wir das Vertrauen der Bürger wieder gewinnen müssen“. Warum nicht in jedem der 80 SPD-Distrikte „einen Sportbeauftragten“ losschicken „in die vielen Vereine“, um gut Wetter für die Partei zu machen, schlägt er vor. Schluss müsse sein mit dem bisherigen Strickmuster: „Die Regierung beschließt etwas, die Partei nickt es ab, die Bürger müssen es hinnehmen – so geht das nicht.“ Niemand widerspricht.

Auch sein Konkurrent erntet keine Widerworte, wenn er mahnend von der „Glaubwürdigkeitslücke“ spricht, unter der Hamburgs SPD seit zehn Jahren leide „und nicht erst wegen zweier verlorener Wahlen“. Um den Trend umzukehren, rät Sozialmanager Fleckenstein zu den gleichen Rezepten wie Mediziner Petersen: „Die Mitglieder einbeziehen, motivieren, mit ihnen diskutieren, sie integrieren“ sei das eine, das andere die Außenwirkung: „Nach draußen müssen wir gehen, vor Ort, kommunale Arbeit machen – dann kriegen wir den Karren wieder flott.“

Das Gleiche hatten sie zwei Stunden zuvor bereits rund 150 GenossInnen in Wandsbek mitgeteilt, auf einer nicht-öffentlichen Sitzung. „Angeregte Diskussionen“ habe es gegeben, berichtet Kreischefin Barbara Duden, und fast alle, die da waren, hätten ihre Stimmzettel anschließend abgegeben. Sicher habe Fleckenstein, der Wandsbeker, „Heimvorteil“ gehabt, zumal der Kreisvorstand sich bereits offiziell für ihn als neuen Parteichef ausgesprochen hat. Petersen aber, räumt die Vizepräsidentin der Bürgerschaft und langjährige Fraktionskollegin des Altonaers ein, habe sich durchaus „wacker“ geschlagen.

Das tun er und Fleckenstein auch hier in Eimsbüttel, wo am späten Abend noch etwa 100 GenossInnen ihre Stimme abgaben, wie Kreisvorsitzender Jan Pörksen ermittelt hat. Keinerlei Polemik würzt das Duell der beiden, die gern Chef werden möchten, sachlich und konstruktiv geben sie sich, höflicher Applaus ist ihr Lohn in dieser Werkhalle, deren Wände gerahmte Parteiplakate aus den 90er Jahren schmücken.

„Herausforderung Vollbeschäftigung“ und „Solarwirtschaft jetzt“ waren Themen der seinerzeitigen SenatorInnen Helgrit Fischer-Menzel und Fritz Vahrenholt, „Stop dem Verkehrsinfarkt“ und „Stop den Miethaien“ zeugen an diesem Ort, an dem einst Karren wieder flott gemacht wurden, unverdrossen von gescheiterter sozialdemokratischer Politik in/für/gegen Hamburg. Aufbruchstimmung sieht anders aus.