Lieblingsstrände
: Altmodisch

Es ist ein perfekter Tag. Juniwarm. Marco hat eine Vespa, er fährt mit mir von Marina di Casalvelino zur Spiaggia del arco naturale. In sanften Kurven wiegt sich die Straße Richtung Süden. Ich lasse mich treiben, blicke durch eine große Divensonnenbrille auf alte Männer vor der Bar, auf brennend blühende Bougainvilleas, auf flirrende Meerfetzen.

Wind und Wellen schnitten aus der karstigen Küste des Cilento den Arco naturale, einen Steinbogen, daneben schmiegt sich ein kiesiger Strand an die Steilwände. Das Wasser ist von tiefem Blau und erfrischt, unweit fällt das Mittelmeer auf 3.000 Meter ab, seine tiefste Stelle. Wir schwimmen sachte dahin, dann legen wir uns auf Riesenkiesel, braten in der Sonne und plaudern. Es ist ein perfekter Tag.

Für meinen Lieblingsstrand hätten wir mit der Vespa nicht losfahren müssen, er liegt in Marina di Casalvelino, südlich von Neapel. Diese Spiaggia ist ein Stadtstrand, keine verschwiegene Bucht, kein piniengesäumter Geheimtipp, sondern eine offene Bühne, ein Loch in der Zeit.

Urlauber plumpsen an dem breiten Sandstrand in ein Caterina-Valente-Italien, das fühlt sich an wie der erste Urlaub am Meer im selbst gehäkelten Bikini. Familien rücken an, jeden Tag an dieselbe Stelle. Dort steht der Sonnenschirm von gestern, um ihn herum aufblasbares Getier, Stühle, Spiele. Das soll so nicht sein, befand die Gemeinde, der Strand müsse abends geräumt werden. Eines Nachts rückte ein Bagger an. Am nächsten Tag wurde die Gemeinde angezeigt, wegen Sachbeschädigung. An einem altmodischen italienischen Strand darf die männliche glotzende Schmierlocke nicht fehlen. Ungeniert stellt sie sich breitbeinig hin, stiert auf Bikinis und greift sich immer wieder an das Herz in der Hose. Putzig, so ein überkommenes Modell Mann. Kinder plantschen am Meeresrand. „Fabio! Fabio! Fabio!“ Die Mamma ruft es immer wieder, der Junge im Wasser hört nie. Hier können die Geheimcodes italienischer Kommunikation studiert werden. Gestenreich, laut, in endlosen Wiederholungen, und oft monologisch. Fabio, vieni qua! Fabio, komm her! Der Junge hört immer noch nicht. Niemanden stört das andauernde Rufen. Erst wenn Mammas Stimme ins Keifende kippt, spurtet Fabio an den gestreiften Sonnenschirm, um nun seinerseits quengelig und oft zu sagen: „Voglio un gelato.“

Gleich an der Straße hinter meinem Lieblingsstrand warten vier Gelaterias mit ihren bunten kühlen Theken auf Münzgeld aus verschwitzten Händen. Es wundert mich, dass das Eis nicht mehr in Lire bezahlt wird.

Sandstrand in Casalvelino, Cilento. Südlich von Neapel. Anreise: Günstige Flüge über Köln/Bonn nach Neapel bietet Hapag Lloyd Express an.

Veranstalter: Italimar (Postfach 420383, 50897 Köln, Tel. (02 21) 4 24 94 22, www.italimar.com) organisiert Aufenthalte im Cilento.Gebührenfreie Telefonnummer für Prospektservice: Tel. 0 08 00 00 48 25 42 Nationalpark Cilento e Vallo di Diano, Palazzo Minenti, 84078 Vallo della Lucania (Salerno), Tel. (00 39) 09 74 71 99 11, www.pncvd.it

BARBARA SCHAEFER