Frischer Spielmacher für die ARD

Der Ex-„ran“– und RBB-Moderator Steffen Simon leitet künftig die neue Bundesliga-Redaktion der ARD-„Sportschau“

Einmal hatte Steffen Simon, als er noch die „Sportschau“ moderierte, eine Meldung über den Tennisspieler Stefan Edberg zu verlesen – und verlas sich dergestalt, dass er stattdessen von Stefan Effenberg sprach: „In dem Moment war bei mir so ein Filmriss“, erzählte Simon anschließend, „dass ich die Zettel nach hinten geschmissen und mich verabschiedet habe. Das hat mir intern nicht zur Ehre gereicht.“ Aber auch nicht wirklich zum Nachteil: Zwar wird er künftig kaum noch vor der Kamera stehen und vor allem am Schreibtisch arbeiten – was aber für den neuen Leiter der Bundesliga-Redaktion der ARD-„Sportschau“ zu verschmerzen sein sollte.

Seine journalistische Laufbahn begann der heute 38-Jährige mit einem Volontariat beim Rias Berlin, wo er sich seine Sporen unter anderem als Eishockeyreporter verdiente. Weil ihm angeblich die Verhältnisse beim Rias tendenziell zu konservativ erschienen, wechselte er 1987 zum Hörfunk des SFB und moderierte die Sportsendung, unter anderem „Sport 3“ auf N3. Und es wurde immer mehr Sport, immer weniger Jugendradio: Fünf Jahre später sehen wir Simon schon das ARD-Ländermagazin „Punkt 5“ und die damals fußballlose „Sportschau“ moderieren. Nach einem kurzen „ran“-Intermezzo im Jahr 2000 wechselte Simon als Leiter der Sportredaktion zum ORB, wo er für die regionale Sportsendung „Einwurf“ zuständig war. Nebenbei kommentierte er Biathlon und diverse Boxkämpfe von der ARD bis zu Premiere. Fußball und Boxen sind auch die persönlichen Steckenpferde des Kreuzbergers, privat begeistert er sich für Marathonlauf, Ski und Segelflug.

Sein Stil vor der Kamera gilt als unprätentiös, sachlich und abgeklärt. Als „abgewichste Sau“ bezeichnete ihn deshalb mal der Schauspieler und Boxringkommentator Ben Becker, was wohl Anerkennung gemeint war.

Was nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass seine Arbeit in der neuen Bundesliga-Redaktion kein Zuckerschlecken wird: Beim WDR, der hier die Oberhoheit hat, ist Heribert Faßbender sein Chef, und im Studio hat er es mit den prominenten NDR-Männern Gerhard Delling und Reinhold Beckmann zu tun, von Gaststar Günter Netzer ganz zu schweigen – der übliche ARD-Hühnerstall eben, in dem Simon nun eine integrierende Rolle zu spielen hat. Immerhin auf einen kann er sich verlassen: ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf (RBB), der als Fürsprecher des RBB-Moderators Simon gilt.

Simon selbst bleibt dann nur noch die Kommentierung von Fußballländerspielen, kein Boxen, kein Biathlon mehr. Als äußeres Zeichen dieses Karrieresprungs hat er sich übrigens auch seine lockige Langhaarfrisur stutzen lassen, die ihm den unrühmlichen Spitznamen eines Wolfgang Petri des Sportjournalismus’ eingebracht hat.

Am 1. August geht es los mit der nagelneuen „Sportschau“. 45 Millionen hat die ARD für die Erstverwertungsrechte hingeblättert. Es darf also geklotzt werden, allerdings mit Stil. Dass in der öffentlich-rechtlichen Sportberichterstattung immer mehr poppige „ran“-Elemente Eingang finden, behagt dem Ex-„ran“-Mann keineswegs: Bloße Kopien findet Simon selten gelungen. Sein Traumjob ist es dennoch nicht. Vor Jahren gefragt, was er sich denn als endgültiges Karriereziel vorstellen könnte, gab Steffen Simon gern Auskunft: „Korrespondent in London.“ ARNO FRANK