Lob des Hässlichen

Oje, Oranje: Die Fußball-Profis von Werder Bremen müssen in der nächsten Saison in orange-grünen Trikots über den Rasen des Weserstadions huschen. In den einschlägigen Fan-Foren im Internet schlagen die Wellen hoch. Manche schelten das neue Outfit gar als Pippi-Langstrumpf-Ästhetik

BREMEN taz ■ Dich will ich loben, Hässliches / Du hast so was Verlässliches: Hätte der Dichter Robert Gernhardt diesen galligen Gedankenblitz nicht bereits auf das schwäbische Städtchen Metzingen bezogen, so würde er wunderbar zu den ästhetischen Höhenflügen passen, zu dem sich der – eigentlich doch so bodenständige – SV Werder Bremen derzeit aufschwingt. Einer der Werder-Sponsoren, die Schuhfirma „Reno“, hat neue Trikots springen lassen – „ein echter Hingucker“, meinte das Modefachorgan BILD und lobte insbesondere die „peppige Farbkombination“. Ein Marketingmensch von „Reno“ befand gar, es sei das modischste Trikot der ganzen Bundesliga.

Schockschwerenot: Das neue Heimtrikot des Vereins, als dessen Farben doch seit Urzeiten Grün und Weiß gelten, ist plötzlich in einer Melange aus Grün und Orange gehalten: das Jersey grün am Leib und orange an den Ärmeln, die Hosen weiß – und die Stutzen, wiederum grün und orange, gleichen drolligen Ringelsöckchen und erinnern manchen an die „Bibo“ aus der „Sesamstraße“. „Wir werden damit auffallen“, kommentierte Trainer Thomas Schaaf die neue Berufskleidung seiner Spieler – und fügte trocken hinzu: „Ich hoffe, vor allem sportlich.“

Nicht nur modische Jungprofis wie Stürmer Markus Daun, der sich vor Wochenfrist mit aufgeknöpfter Jeans, Waschbrettbauch und dem hölzernen Franziskanerkreuz seiner Oma um den Hals für eine Boulevardzeitung hat fotografieren lassen (“Ich heiße Markus Daun, ich bete täglich“), werden sich mit der Umstellung schwer tun.

Vor allem für viele Fans der „Grün-Weißen“ ist das neue Outfit ein herber Schlag. Die einschlägigen Foren im Internet quellen über mit Diskussionen über das neue Trikot. „Es ist vom Schnitt und von den Farben her einfach nur übel“, schreibt ein User, ein anderer macht darin „viel zu sehr Pipi-Langstrumpf-Style“ aus. Man erinnert sich an den „Achtziger-Jahre-Bravo-Modetipp“ oder einfach nur an „meinen Schlafanzug aus Frottee“.

Die Auswärtstrikotage der Weser-Elf, im coolen Fußball-Deutsch „Away-Shirt“ genannt, birgt nicht ganz so viel Empörungspotenzial: Je nach Farbgebung des Gegners treten die Bremer in fremden Stadion ganz in Weiß oder ganz in Schwarz (mit dünnen goldenen Streifen) an – ein neckischer Look, der zu Fangesängen Anlass geben dürfte.

Doch zurück zum Orange-Grünen: Einziger ernsthafter Werder-Konkurrent um das gewöhnungsbedürftigste – um nicht zu sagen: hässlichste – Trikot der Bundesliga ist Schalke 04: Deren neues „Away-Shirt“ in den Farben „orange“ und „royal-blau“ samt dem fetten Schriftzug „Victoria Versicherungen“ nimmt sich bei einem Verein, der sich gerne als „Mythos in Blau-Weiß“ preisen lässt, irgendwie seltsam aus. Markus Jox