Fischtowns Art der „Bestenauslese“

Es hat mindestens ein Geschmäckle, wie in Bremerhaven der Posten des Stadtkämmerers besetzt wurde: mit CDU-Mann Teiser. Ein Verstoß gegen das Beamtenrecht, findet die FDP. Der fachlich Beste müsste es werden, nicht der parteipolitisch Gewollte

taz ■ In der Wirtschaft geht es nach Leistung, in der Politik nach Parteibuch, so lautet ein gängiges Vorurteil. Das Beamtenrecht ist bemüht, auch bei der Karriere den Gesichtspunkt der Leistung zur Geltung zu bringen: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“ So steht es im Grundgesetz und genauso im Beamtenrecht. Bei der Bestellung des neuen Stadtkämmerers von Bremerhaven sei gegen dieses Recht verstoßen worden, findet der Präsident der Bremer Anwalts- und Notarskammer Axel Adamietz.

Die Ausschreibung des Kämmererjobs passierte am 25. Januar – am 8. Februar tagte der CDU-Parteitag in Bremerhaven und einigte sich auf seinen stellvertretenden Vorsitzendenden Michael Teiser. Die Bewerbungsfrist endete formal erst zwei Tage später, am 10. Februar. Schon für den 12. war die Wahl vorgesehen. Nur aufgrund heftiger Proteste unter anderem des Bremerhavener FDP-Vorsitzenden Willi Wedler, den Adamietz anwaltlich vertritt, wurde der Termin verschoben.

„Wie ernsthaft wollte Bremerhaven denn gute Bewerber ansprechen?“ fragt Adamietz angesichts der Bewerbungsfrist von zwei Wochen. Immerhin geht es um eine hoch dotierte Spitzen-Position. Die Stelle wird für sechs Jahre besetzt – unabhängig davon, wer in dieser Zeit die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung hat. Eben eine Beamten-Funktion, keine parteipolitische. Dass in der Ausschreibung der Hinweis steht, es bestünde „ein Vorschlagsrecht der CDU-Stadtverordnetenfraktion“, könne weder das Grundgesetz noch das Beamtenrecht außer Kraft setzen, argumentiert Adamietz.

Nachdem der Bremerhavener Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD) auf die Beschwerde des FPD-Politikers Wedler geantwortet hat, dass bei der Berufung von Teiser „gegen den sich aus dem Beamtenrecht ergebenden Grundsatz der Bestenauslese nicht verstoßen“ worden sei, hat Wedler über seinen Anwalt Adamietz sich an die Rechtsaufsicht gewand, die in diesem Falle bei der Landesregierung liegt. Schon wenn in der Ausschreibung auf das Vorschlagrecht der CDU verwiesen wird, sei dies zu beanstanden, so Adamietz. Denn offenkundig würden dadurch qualifizierte Bewerber, die nicht der CDU angehören, von einer Bewerbung abgehalten. Das in einer Koalitionsvereinbarung festgelegte Vorschlagsrecht könne sich nur auf die Bewertung der Qualifikation nach einem ordentlichen Bewerbungsverfahren beziehen, so es mit dem Beamtenrecht konform gehen soll.

Adamietz bezieht sich in seinem Brief auch auf die politische Bewertung des früheren CDU-Fraktionsvorsitzende der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung, Richard Lahmann. Der hatte am 10. Februar in einem Interview den Vorgang als „Kungelei“ bezeichnet. Die Koalitionsverabredung, die Posten nach Parteibuch zu vergeben ist laut Lahmann „rechtlich fragwürdig“. Die CDU habe, solange sie Oppositionspartei war, immer „lautstark und aus innerer Überzeugung“ gegen die Parteibuchwirtschaft der damals allein regierenden SPD protestiert.

Anfang Juli hat Henning Scherf auf die Beschwerde von Adamietz geantwortet. Eine Befassung des Senats im Sinne der Kommunalaufsicht sei nicht erforderlich, heißt es in dem Brief. Denn die zweiwöchige Bewerbungsfrist sei ausreichend gewesen, um den „möglichen Bewerberkreis“ anzusprechen. Und der Hinweis auf das Vorschlagsrecht der CDU sei nur „als informatorischer Hinweis auf eine geübte Praxis“ zu verstehen. Dass die CDU Bremerhaven ihren Vorschlag schon beschlossen hat, bevor die Bewerbungsfrist überhaupt abgelaufen war, habe schließlich „keine maßgebliche Bedeutung“. Kein Anlass also für den Senat, sich als Kommunalaufsicht über einen Verstoß gegen das Beamtenrecht Gedanken zu machen. Rechtsanwalt Adamietz dazu: „Kommunalaufsicht findet in Bremen nicht statt, weil es dieselbe Koalition ist.“

Klaus Wolschner