Breitseite gegen NGOs

Russlands Präsident Putin wirft Menschenrechtsgruppen vor, die gesellschaftliche Situation zu destabilisieren

MOSKAU taz ■ Die Rede zur Lage der Nation des russischen Präsidenten Wladimir Putin kam diesmal verspätet. Der Anschlag auf den moskautreuen Präsidenten Tschetscheniens hatte die Planung des Kreml durchkreuzt. Tschetschenienkrieg und Menschenrechtsverletzungen im Kaukasus waren denn auch kein Thema. Zwar mahnte Putin, der Kampf gegen den internationalen Terrorismus dürfe nicht dazu dienen, Menschenrechtsverletzungen zu entschuldigen. Doch damit waren die USA gemeint, nicht die eigenen Sicherheitsstrukturen, denen amnesty international gestern im Jahresbericht das verheerendste Zeugnis seit Jahren ausstellte.

Stattdessen konzentrierte sich Putin auf die Entwicklung der heimischen Volkswirtschaft und den Abbau der Armut. Ging der Kreml noch vor Jahresfrist davon aus, das BIP innerhalb von zehn Jahren verdoppeln zu können, hofft er nun, dies bereits bis 2010 zu schaffen. Den hohen Ölpreis – als Motor der Dynamik – erwähnte der Bericht nicht.

Erneut versicherte Putin, Russland werde – anders, als man im Ausland vermute – den demokratischen Weg nicht verlassen. Dem folgte eine Tirade gegen Menschenrechtsgruppen: Es gebe tausende Organisationen, die nur ausländische Gelder einsacken und die gesellschaftliche Lage destabilisieren wollten. Dann meinte der Geheimdienstprofi Putin, das verwundere nicht. „Sie können doch nicht die Hand abbeißen, die sie füttert.“ Somit lieferte der Kreml doch noch eine klare Aussage, wohin er Russland führen will.

KLAUS-HELGE DONATH