berliner szenen Eine Woche Abendschau

Im Taumel der Ereignisse

Der Höhepunkt jeder Berliner Abendschau ist „der erste Nachrichtenüberblick“. Kündigte zuvor die Moderatorin locker die Themen des Tages an, so gibt sie nun sachlich und ernst das Wort an den Kollegen Axel Walter weiter. Denn jetzt müssen die Zuschauer über die drängendsten Berlin-News des Tages, internationale Politik und neueste Verbrechen informiert werden.

Am Samstag überschlugen sich die Meldungen. In Wilhelmsruh, nahe Schloss Schönhausen, brannte eine Halle ab. Ein benzingetränkter Lappen lässt auf einen Brandanschlag schließen, zumal das Gebäude bald abgerissen werden sollte. In Hellersdorf wurden polnische Zigarettenschmuggler gefasst, der Bahnreiseverkehr in der Stadt verlief trotz Ferien und Gleissperrungen völlig normal, und Michel Friedmann hat sich nicht von seinem Verteidiger getrennt. Dann geht es weiter im Programm, die Kamera entfernt sich langsam vom Sprecher, zeigt das Studio in der Totalen und zoomt dramatisch auf Stefanie Siebner.

Nach den Hauptthemen, heute der Skandal um den Ausbau der B 101 und das neue „Pfötchenhotel“ vor den Toren Berlins, folgt der zweite Nachrichtenüberblick. Der wird, wahrscheinlich aus dramaturgischen Gründen, nicht mehr so genannt. „Nun weitere Nachrichten des Tages“, heißt es ganz lapidar. Sie widmen sich gerne den Feldern Glamour und Kultur. Da ging einiges am Samstag: Jazzfest im Tiergarten, Brandenburger Sommerkonzerte. „Die schrillbunte, so genannte Fuckparade zog vom Alexanderplatz zum ehemaligen Bunker in der Albrechtstraße“ wird leicht irritiert, aber pflichtgetreu vermeldet. Und wer im Taumel der Ereignisse etwas verpasst hat: mehr dazu um 21.45 Uhr in der Spätabendschau.

CHRISTIANE RÖSINGER