Ennepetaler mögen es brasilianisch

Zum A-Jugendturnier in Ennepetal kommt nur die erste Garde der Fußballprominenz. Darunter auch Brasiliens Vorzeigeclub Cruzeiro Belo Horizonte. Schummelnde Herthaner wurden kurzerhand ausgeladen

ENNEPETAL taz ■ Nein, da kennt man beim TuS Ennepetal keine Gnade. „Die wollten uns die zweite Garde zum Pfingstturnier schicken, da haben wir abgelehnt“, sagt Thorsten Kornemann lapidar. Der zurückgewiesene Bewerber ist nicht irgendwer. Hertha BSC Berlin heißt die Fußball-Mannschaft, die vom Verein aus der Provinz vom Pfingstturnier für A-Junioren-Fußballer ausgeladen wurde. Mit halben Sachen lassen sich die Kicker aus der Kleinstadt im Ennepe-Ruhr-Kreis nicht abspeisen. Sie können es sich leisten. „Statt Hertha BSC kommt jetzt halt Bayer Leverkusen“, zuckt Kornemann mit den Schultern.

Um die Attraktivität ihres viertägigen Turniers von heute bis Sonntag müssen die Ennepetaler nicht bangen. Neben Bayer Leverkusen gehören der FC Schalke 04, der PSV Eindhoven, ZSKA Sofia, der VfL Bochum, der FC Brügge und Cruzeiro Belo Horizonte aus Brasilien zum Teilnehmerfeld – und natürlich die Mannschaft des TuS. Deren aktuelle sportliche Bilanz: Abstiegszone in der Bezirksliga.

Diese Ausgangslage kennen die Ennepetaler. Die großen Klubs der Fußball-Welt geben sich nicht zum ersten Mal ein Stelldichein in Ennepetal. Internationaler Jugendfußball im 30.000-Einwohner Nest, den gibt es zum 31. Mal. David Beckham, Jürgen Klinsmann, Olaf Thon – das sind nur einige der späteren Stars, die schon auf dem Provinz-Grün kickten. Kein Wunder, dass es für die Ennepetaler A-Jugend bei der Konkurrenz in den letzten drei Jahrzehnten zu Pfingsten wenig zu holen gab. Deswegen haben sich die Bezirksligisten dieses Jahr verstärkt. Mit Jugendlichen des benachbarten Bezirksligisten TSG Sprockhövel. Die haben immerhin vor wenigen Wochen Bundesligist Arminia Bielefeld aus dem Pokal geschmissen. „TuSPlus“ nennt man diese Mischung in Ennepetal. Und hofft auf einen Achtungserfolg. Schließlich gilt der hohe Anspruch an die Gast-Teams auch für die eigene Elf. „Wir haben den Anspruch, uns mit Qualität bei unserem Turnier zu präsentieren“, findet TuS-Jugendchef Willi Vering.

Die Ennepetaler haben ja einen Ruf zu verteidigen. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte hat sich ihr Turnier als eines der ganz großen für A-Jugend- Mannschaften in Deutschland etabliert. Über Kontakte wurden 1975 der FC Everton und der FC Antwerpen für das zweite TuS-Pfingstturnier gewonnen. Schnell sprachen sich die guten Wettkampfbedingungen herum. Große Klubs kamen ein Mal, zwei Mal und schließlich immer wieder. Der TuS hielt emsig jeden Kontakt, knüpfte mit viel Hartnäckigkeit immer neue Beziehungen zu den Großen der Fußballwelt.

Da vergessen die Ennepetaler gerne die Pleiten der eigenen Mannschaft. Die Karten für das Turnier gehen seit Jahren weg wie nichts. Schließlich gastiert hochklassiger Fußball nicht all zu oft vor der Haustür. Dazu hat der TuS eine Reihe von Promis gewonnen, die für das Turnier werben. Bundestrainer Michael Skibbe etwa. Der ist seit vier Jahren sportlicher Pate des Turniers. Nicht zuletzt wegen solcher Unterstützung bringen die Pfingsttage die Strukturen des ansonsten ehrenamtlich organisierten Klein-Vereins gehörig durcheinander. „Das Turnier ist schon fast wie ein kleines Wirtschaftsunternehmen“, verdeutlicht Vereinsschef Michael Peiniger.

Deswegen halten zunehmend Elemente Einzug, wie sie aus dem kommerzialisierten Profi-Fußball schon bekannt sind. Das gesamte Turnier wird live im Internet übertragen. Sämtliche Statistiken sind abrufbar. Dazu gibt es die Fete zum Turnier, alles ist bis ins letzte am Computer durchgeplant und digitalisiert. Nur gespielt wird noch auf dem Platz, wie seit 31 Jahren in Ennepetal. Das Auftaktspiel bestreiten morgen um 14 Uhr der FC Brügge und das Gastgeber-Team im Bremenstadion Ennepetal.

SVEN PRANGE