Utopisten wollen zweistellig werden

Mit einem Plakat für die Ruhrstadt wollen die Grünen im Ruhrgebiet punkten und bei den Kommunalwahlen über zehn Prozent kommen. Der Ökopartei ist dabei klar: Die Septemberwahlen haben eine bundespolitische Dimension

RUHR taz ■ Sebastian Müller, Ruhrbezirkssprecher von Bündnis 90/ Grüne war gestern heiter gestimmt: „Wenn ich mir die letzten fünf Jahre ansehe, sind wir erheblich weiter gekommen“, sagte Müller auf der Ruhrpressekonferenz. Das Revier sei auf dem Weg zur Einheit, und seine Partei werde auch weiterhin für die Ruhrstadt agitieren. „In Scharnhorst oder Herten ist die Stimmung besser geworden“ – das Gemeinschaftsgefühl sei gestärkt: „2015 gibt es dann die Wahlen zum Chef der Ruhrstadt“.

Aus so viel Ruhrstimmung möchte seine Partei Kapital schlagen. Bei den Kommunalwahlen im September wollen die Grünen in den Großstädten des Ruhrgebiets zweistellige Ergebnisse feiern. „Wir erzielen unsere besten Wahlergebnisse in städtischen Gebieten“ – für Frithjof Schmidt, den grünen Landesvorsitzenden, steht das Ruhrgebiet auch deshalb im Zentrum der Aufmerksamkeit: „Wir werden im Ruhrgebiet eine Kampagne durchführen mit einem eigenen Plakat zum Ruhrstadtgedanken“, so der Parteichef.

„In allen großen Städten des Ruhrgebiets treten grüne Oberbürgermeisterkandidaten an“, verriet Daniela Schneckenburger, die es in Dortmund als Spitzenfrau versucht. Auch um den grünen Einfluss zu stärken: „Wir wollen erreichen, dass es flächendeckend zu Stichwahlen zwischen den Großparteien kommt“, sagte Schneckenburger. Wenn CDU oder SPD auf grüne Stimmen angewiesen sind, könne ihre Partei in den Koalitionsverhandlungen mehr erreichen, so die Fraktionschefin der Dortmunder Grünen.

Punkten möchten die Grünen auch kommunal mit den Stärkethemen der Partei. Eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen habe den Grünen zuletzt höchste Kompetenzwerte in der Umweltpolitik und dem Verbraucherschutz attestiert: „Unter den Befragten gab es da sogar eine absolute Mehrheit für uns“, freute sich Schmidt.

Doch trotz Oberbürgermeisterkandidaturen ist die Partei im Ruhrgebiet von Mehrheiten noch weit entfernt: „In Dortmund lagen wir in Umfragen zuletzt bei 14 Prozent“, sagte Schneckenburger und ließ offen, ob und mit welchem politischen Partner sich die Grünen an einer Stadtregierung beteiligen werden. Das von der SPD erst zum Jahresbeginn aufgekündigte rot-grüne Bündnis in Dortmund sei ja nicht gegen die Grünen beendet worden: „Die SPD wollte sich stärker als Partei profilieren“ – doch Schneckenburger glaubt nicht an den Erfolg der SPD-Strategie: Dazu sei Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer zu dominant und die Partei zu schwach.

Dass die Grünen auch vom Bundestrend gegen die SPD profitierten, ist für die Reviergrünen kein Geheimnis: „Anders lassen sich die Umfragen nicht erklären“, so Schneckenburger. Auch für Landeschef Schmidt haben die kommenden Kommunalwahlen eine besondere Bedeutung: „Natürlich wird das Gesamtergebnis auch als Omen für die Kräfteverhältnisse in Nordrhein-Westfalen aufgefasst“ – der kommende Landtagswahlkampf stehe dann ohnehin unter bundespolitischen Vorzeichen. CHRISTOPH SCHURIAN