Keine Nische mehr

Fondsporträt: Drei neue Nachhaltigkeitsfonds sowohl für institutionelle als auch private Investoren. Der ökologischen und nachhaltigen Geldanlage könnte „ein Nachfrageboom bevorstehen“

Mindestens 100.000 Euro sollte mitbringen, wer sich für einen neuen Nachhaltigkeitsfonds interessiert, den die BHW Invest GmbH aus Frankfurt zusammen mit der schweizerischen Privatbank Pictet & Cie auf den Markt bringen wird. Der „BHW Invest – Institutional Fair Value“ ist, das zeigt schon die hohe Einstiegssumme, für professionelle Anleger gedacht. Hans-Jürgen Dannheisig, Geschäftsführer bei BHW Invest, zur Zielgruppe: „Wir wollen mit dem Fonds Stiftungen, Vermögensverwalter oder Dachfonds ansprechen, die ihn als Basisinvestment für europäische Standardwerte nutzen können.“

BHW Invest verwaltet den Fonds, die Genfer Privatbank Pictet managt das Vermögen des Fonds, der nach deutschem Recht zugelassen ist. Christoph Butz, Nachhaltigkeitsexperte bei Pictet, sagt zu dem neuen Fonds, er sei „baugleich“ mit dem Fonds Pictet Sustainable Europe. „Das Fondskonzept bietet dem Kunden daher bei einem genau definierten Risiko ein Maximum an Nachhaltigkeit.“ Denn der Fonds darf nur maximal drei Prozent vom MSCI Europe abweichen, einem anerkannten Aktienindex mit europäischen Standardwerten. Daher enthält der BHW Invest Fair Value auch Aktien wie BP, Nokia oder Novartis. Der Erdölproduzent BP – ein nachhaltiges Unternehmen? Butz: „Da, wo eine Erdölfirma gut sein sollte, ist BP gut. BP hat energieeffiziente Einrichtungen und weist zum Beispiel ein hochwertiges Umweltmanagementsystem auf.“

Die Untersuchungen zu einzelnen Aktien des Fonds liefert die SiRi-Group, die auf die Nachhaltigkeitserforschung von Aktiengesellschaften spezialisiert ist. In Deutschland kooperiert sie mit der Hannoveraner Agentur scoris. Deren Geschäftsführer Axel Wilhelm sagt über die deutsche Telekom, eine der deutschen Aktien des BHW Invest Fair Value: „Auch wenn die Telekom noch Verbesserungspotenzial hat“, weise sie „im internationalen Branchenvergleich überdurchschnittliche Aktivitäten vor“. Bemerkenswert sei „insbesondere das Bündel der Umweltmaßnahmen und die umfassende Berichterstattung zu nachhaltigen Themen“.

Für den privaten Investor geeignet sind hingegen zwei weitere neue Nachhaltigkeitsfonds. Sie werden von der Dexia Asset Management, Belgiens Marktführer für ethische Investments, angeboten. Der erste heißt „Dexia Sustainable“, der zweite „Exchange Traded Fund (ETF) TrackinDex“. Der Dexia Sustainable investiert ausschließlich in Wertpapiere, die für das Investitionsregister von Ethibel qualifiziert sind. Ethibel ist ein 1992 in Belgien gegründetes Beratungsunternehmen für nachhaltiges und ethisches Investieren.

Der Dexia Sustainable legt das Geld nicht direkt in Aktien an, sondern in anderen Fonds: drei Misch- und sieben Aktienfonds. Dazu gehören Fonds wie der Dexia Sustainable Pacific und der Dexia Sustainable North America, die regional anlegen, aber auch breiter ausgerichtete Fonds wie der Dexia Sustainable Europe. Die zehn Fonds wurden zwischen 2000 und 2001 aufgelegt und haben seitdem ein Anlagevolumen von stolzen 673 Millionen Euro erreicht. Um trotz der ethischen Auswahlkriterien eine hohe Risikostreuung zu ermöglichen, orientiert sich das Fondsmanagement des Dexia Sustainable nach eigenen Angaben bei der Branchen- und Regionengewichtung an den etablierten MSCI-Börsenindizes.

Der zweite Dexia-Fonds, der ETF TrackinDex, bildet den europäischen Nachhaltigkeitsaktienindex Dow Jones Stoxx Sustainability ab, den die Sustainable Asset Management (SAM) aus Zürich zusammenstellt. Der TrackinDex ist ein so genannter Indexfonds, also ein Fonds, der sich an einem Aktienindex ausrichtet und dessen Bewegungen nach oben und unten recht getreulich nachvollziehen soll. Sein Basisindex ist der Dow Jones Stoxx Sustainability Index mit rund 180 Aktien aus 17 europäischen Ländern. Die Aktien werden nach dem Best-in-Class-Prinzip zusammengestellt: Ethibel bewertet die Nachhaltigkeitsbestrebungen von Unternehmen sämtlicher Branchen relativ zu ihrer Branche und ihrer Region. Wim Vermeir, Chef des Nachhaltigkeitsmanagements bei Dexia, sagt: „Indem wir bei unseren Nachhaltigkeitsfonds mit unabhängigen Ratingagenturen zusammenarbeiten, beugen wir Interessenkonflikten bei der Auswahl von Einzeltiteln vor.“

Dexia hat sich nach eigenen Angaben in jüngster Zeit von Aktien getrennt, weil sie den Nachhaltigkeitsansprüchen nicht mehr genügten. Vermeir sagt: „Im April fiel beispielsweise die deutsche Linde AG aus dem Investitionsregister.“ Nicht etwa aufgrund von Verstößen gegen die Prinzipien der Nachhaltigkeit, sondern „weil Linde sich im Vergleich zu anderen Unternehmen desselben Sektors in den letzten drei Jahren nicht entsprechend weiterentwickelt“ habe. Ersetzt werde eine solche Aktie durch ein aussichtsreiches Papier aus demselben Sektor. So könne man das Risikoprofil der Fonds beibehalten. Für ethisch gemanagte Fonds sieht Vermeir Chancen: „Sie sind kein Nischenprodukt mehr.“ Immer mehr Anleger wollten wissen, wie die Unternehmen mit dem investierten Kapital umgingen.

Voraussetzung für die Akzeptanz nachhaltiger Fonds sei allerdings, dass sie ein vergleichbares Rendite-Risikoprofil böten wie konventionelle Produkte. Denn auch mehr institutionelle Anleger fragten nachhaltige Geldanlagen nach, so Vermeir. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, Großbritannien oder in den Niederlanden müssen Anbieter von betrieblichen Pensionsfonds beziehungsweise von staatlich zertifizierten privaten Altersvorsorgeverträgen darlegen, inwieweit sie in ihren Anlageentscheidungen ethische, soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen. Dies ist für Vermeir ein Zeichen dafür, dass der nachhaltigen Geldanlage ein Nachfrageboom bevorsteht.

Für den TrackingDex könnte die Attraktivität noch aus etwas anderem resultieren: Er wird direkt bei der Stuttgarter Wertpapierbörse gehandelt. Sein Kurs ist also für den Anleger einfach abzurufen – eine Neuheit unter den Nachhaltigkeitsfonds.

JÖRG WEBER/ECOREPORTER.DE