Wiedervereinigung

Der Wochenendkrimi: Für den „Polizeiruf“ „Mein letzter Wille“ kehrt das Ermittlerteam zum ersten Mal nach drei Jahren wieder zurück in die Provinz – und es lohnt sich

Der TV-Krimi drängt zurzeit an die Ränder des Landes. Doch lange bevor die anderen Sender anfingen, die Absonderlichkeiten und Abgründe der Provinz auszuleuchten, hatte der WDR bereits ein „Polizeiruf“-Revier im Bergischen Land eingerichtet.

Gleich für die erste Folge, „1 A Landeier“, gab es 1995 den Grimme-Preis. Danach wurde das Täterrätsel leider so unregelmäßig gesendet, dass es sich kaum etablieren konnte. Deshalb galt für die Polizisten respektive deren Darsteller die alte Provinzregel: Wer was werden will, geht in die große Stadt.

So machte Andrea Sawatzki beim Frankfurter „Tatort“ – dem aufregendsten im ganzen Land – Karriere, Martin Lindow indes stieg beim ZDF-Dauerbrenner „Der Fahnder“ ein. Lediglich Oliver Stritzel, der Dritte im Bunde, brachte es als Fernsehermittler nicht weiter.

Nur konsequent, dass er beim ersten „Polizeiruf“ aus Volpe seit 2001, der den Titel „Mein letzter Wille“ (Pfingstmontag, 20.15 Uhr, ARD) trägt, weiterhin im ausgebeutelten Streifen-Schick auftritt. Er schwenkt wie eh und je in der Kleinstadt die Kelle – während die von Sawatzki gespielte Polizistin kurz vor dem Aufstieg ins BKA steht und der von Lindow verkörperte Kommissar immerhin aus Wuppertal anreist.

Dass die drei wieder zusammenkommen, ist Oma Kampnagel (Inge Meysel) zu verdanken, die schon in „1 A Landeier“ dabei war: Am Anfang dreht sie den Gasherd auf, während im Radio die Doors „This Is The End“ singen. Ein guter Tag zum Sterben – den die alte Dame dann doch würdevoller gestalten will. Sie steuert ihren Oldtimer auf eine nur zur Hälfte fertig gestellte Autobahnbrücke, spießt kurz vor dem Abgrund einen Mann auf. Der leidet danach unter Gedächtnisschwund. Er spricht mit italienischem Akzent und kann mit Schusswaffen umgehen. Das Trio soll nun die Identität des Gedächtnislosen klären.

Den Quereinsteigern unter den Zuschauern dürften zwar viele der Anspielungen auf ältere Folgen entgehen, und die Verknüpfungen des Plots mit der italienischen Mafia wirkt überspannt. Trotzdem beweist diese erste Episode aus Volpe nach langer Zeit (Regie: Ulrich Stark, Buch: Thomas Wesskamp und Dirk Salomon): Die Provinz kann voll wunderbarer Überraschungen sein. Man muss nur manchmal zurückkommen.

CHRISTIAN BUSS

Mit dieser Ausgabe geht die Wochenendkrimi-Kolumne in die Ferien, denn auf den einschlägigen Sendeplätzen laufen bis etwa Mitte Juli nur Wiederholungen