Temposünders Schonzeit
: Raserei im Amt

Wer Straftäter ist, bestimme ich. So könnte man einen berühmten Satz leicht abwandeln und ihn auf die selektive Wahrnehmung dieses Innensenators ummünzen. Ronald Schill will den kleinen Dealern an den Kragen, die Schickeria bleibt von lästigen polizeilichen Nachforschungen jedoch verschont. Eierdiebe haben bei ihm nichts zu lachen, aber wer fröhlich jedes Tempolimit ignoriert, bekommt den Segen des Senators dazu.

Kommentarvon PETER AHRENS

All das entlarvt, dass es überhaupt nicht um ein irgendwie geartetes Rechtsstaatlichkeitsgefühl oder Legalitätsprinzip geht, das Richtschnur des Schill‘schen Handelns ist. Dieser Senator betreibt nichts als anbiedernde Klientelpolitik für seine Party-Konsorten, bei denen er so gerne dazugehören möchte. Die mit offenem Verdeck durch die Stadt brausen wollen, bevor es abends ins Valentinos geht und am Wochenende nach Sylt. Und für die Obdachlose und Junkies eine ästhetische Beleidigung im Stadtbild sind.

In dieser Szene wird das Enthüllen einer Gedenktafel für die Erfinderin der Currywurst zum politischen Akt und die blaue Polizeiuniform zur Polit-Gaudi. Zum Dank darf der Senator nach Feierabend an ihrer Welt ein bisschen teilhaben. Aber im stillen lachen sich diese Profiteure wahrscheinlich über den nützlichen Idioten Schill kaputt, der sich öffentlich für sie zum Kasper macht.

Mit seriöser Politik hat das nichts zu tun. Es wäre keine schlechte Idee, mal ein Tempolimit für Senatoren im Zustand der Raserei einzuführen.