Der Bloke von der BBC

Der Streit über die Irak-Berichterstattung der BBC zeigt vor allem, wie souverän deren Chef Greg Dyke inzwischen ist

Der gestrige Montag dürfte mal wieder so ganz nach seinem Geschmack gewesen sein: Teilbestätigung der BBC-Berichterstattung über die Kontroverse, wie schlagkräftig die irakische Armee wirklich war. Und gleichzeitig die Auszeichnung als wichtigster Medienmensch des Landes im „Guardian Media 100-Ranking“. Greg Dyke, der charismatische Generaldirektor der British Broadcasting Corporation, ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen.

Dabei hat sich Dyke eine für deutsche Intendanten undenkbare Souveränität im Umgang mit den politisch Mächtigen bewahrt. Denn eigentlich gehört er fest zum Lager von New Labour und Tony Blair: Seine Spenden an die Partei und für die Wahlkampagnen des heutigen Premierministers hätten 2000 noch fast seine Wahl zum Director General platzen lassen. Damals galt Greg Dyke, der in den 80er-Jahren selbst für die Labour Party in die Politik ziehen wollte, auch vielen in der BBC als zu regierungsfreundlich und „Cheerleader“ von Tony Blair.

Heute steht Dyke voll hinter seinen Redaktionen und für die Unabhängigkeit der Berichterstattung. Und auch die zweite Befürchtung, der im privaten Fernsehen mächtig gewordene Milliardär könne die ehrwürdige Institution BBC in seichten Tiefflug übergehen lassen, ist nicht mehr haltbar: Das wichtigste TV-Programm, BBC 1, führt die Quotenliste an – und plant demnächst eine Ballettübertragung zur Hauptsendezeit.

Doch das britische Establishment nöckelt weiter. Denn Dyke gehört einfach nicht dazu. Weder die Eliteschmieden Eton noch Rugby zieren den Lebenslauf des Versicherungsmakler-Sohnes. Ein ganz schnödes Gymnasium hat Dyke besucht, ist dann Lokalzeitungsjournalist geworden und erst spät Student – nicht in Oxford, sondern im nordenglischen York.

Seine Managementlaufbahn begann zwar bei einer britischen Institution – aber mit einem Rausschmiss: Ganze vier Monate hielt Dyke bei einem Junior-Managementkurs vom Marks & Spencer durch. Nach dem Studium war Dyke sogar richtig arbeitslos, verdingte sich beim Privatsender LWT und gab dem Kanal und sich durch die Figur „Roland Rat“ endgültig ein rattiges Image: Für seichte Unterhaltung stand er nun, allerdings äußerst erfolgreiche seichte Unterhaltung: Als der Sender später verkauft wurde, machte dies Dyke zum Millionär. Auch in seinem nächsten Job als Chef von Pearson Television drehte sich alles um „Light Entertainment“ – man produzierte u. a. „Baywatch“ und weltweit erfolgreiche Gameshows von der Stange.

So ein „hands-on bloke“, ein zupackender Kerl und bekennender Fußballverrückter, übernahm nun die BBC. Angst habe er da keine, verriet Dyke bei seinem letzten Auftritt für Pearson 1999 beim Kölner Medienforum. Schließlich müsse bei der BBC mal wieder jemand ran, der nicht lange fackle und auch unangenehme Wahrheiten ausspreche. Angst, so Dyke, habe er nur, dass die englische Elf bei der Europameisterschaft im nächsten Jahr wieder vor Deutschland ausscheide. Und bei der BBC gab es schon gleich nach Dykes Amtsantritt rote Karten, die die Mitarbeiter bei nicht enden wollenden Meetings und Besprechungen einfach hochhalten sollten: „Cut the crap – make it happen“ stand darauf, „hör auf mit dem Scheiß, tu lieber was.“ STEFFEN GRIMBERG