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: Opposition wär schon schön

Die größte Oppositionspartei scheint sich – zumindest kurzfristig – auf ihre Rolle besonnen zu haben. Die Aufforderung des CDU-Präsidiums, die Koalition möge unverzüglich einen Gesetzentwurf zur vorgezogenen Steuerreform vorlegen, rückt die Verhältnisse zurecht. Wenn eine Regierung die Steuern senken möchte, muss sie erklären, wie das gehen soll. Die Opposition ist nicht verpflichtet, ihr diese Aufgabe abzunehmen. So weit, so banal. Der Beschluss entspricht der klassischen Aufgabenteilung innerhalb eines Parlaments. Nun könnte die sachliche Auseinandersetzung beginnen, die angesichts der Abenteuerlust dieser Regierung dringend erforderlich wäre. Leider spricht nichts dafür, dass es dazu kommt.

Kommentar von BETTINA GAUS

Die Union hat in den letzten Tagen wenig getan, um dem Eindruck entgegenzuwirken, beim Steuerstreit in den eigenen Reihen gehe es in Wahrheit um einen verdeckten Machtkampf. Was wieder einmal beweist, dass Personaldebatten nicht nur den Medien, sondern auch vielen Politikern größeren Spaß machen als die Erörterung mühsamer Sachfragen. Dabei stecken doch handfeste Interessenkonflikte hinter der unterschiedlichen Bewertung der neuen Steuerpläne.

Die Ministerpräsidenten der Länder haben allen Grund, sich vor weiteren Einnahmeverlusten zu fürchten. Wenn sozialdemokratische Länderchefs das jetzt nicht zugeben wollen, dann üben sie sich lediglich in Parteidisziplin. Dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber bleibt nach seinem unverantwortlichen Steuersenkungswahlkampf und so kurz vor den bayerischen Landtagswahlen kaum etwas anderes übrig, als sich verhandlungsbereit zu zeigen.

Sollte die Union sich mit der Regierung am Ende einigen, dann wird es heißen, Angela Merkel habe einen Punktsieg über Roland Koch errungen. Als ob es im Zusammenhang mit einem so dramatischen politischen Kurswechsel nichts Wichtigeres gäbe. Der europäische Stabilitätspakt ist gefährdet, und die Schere zwischen Arm und Reich droht sich noch weiter zu öffnen. Die Haushaltskonsolidierung wurde innerhalb weniger Wochen vom wichtigsten Anliegen der Moderne zum uralten Hut der Ewiggestrigen. Die Regierung taumelt orientierungslos dahin, nur noch dem Prinzip Hoffnung folgend. Und wofür interessieren sich CDU und CSU, mehr als drei Jahre vor den nächsten Bundestagswahlen? Für die Kür ihres nächsten Kanzlerkandidaten. Manchmal wäre es schon schön, wenn es in diesem Land eine Opposition gäbe.