Geheimnisvolles Grundbuch

Hoffnung in Horn: Wurde den Bürgerinnen und Bürgern vor Jahrzehnten ein Teilstück des Freibades vermacht?

taz ■ Sie trafen sich gleich vor Ort: Junge Familien, Schulkinder und Rentner machten es sich auf mitgebrachten Decken und Campinghockern auf der Liegewiese des Horner Bades bequem. Zwei ältere Damen gesellten sich sogar – gerade dem Schwimmbecken entstiegen – im Bademantel zu der Gruppe. Die meisten der rund 250 Menschen waren gekommen, um ihrer Wut über die geplante Schließung des Bades Luft zu machen.

Die verantwortlichen Politiker waren nicht da, also kühlten die Horner ihr Mütchen bei Wolfgang Heise, dem Chef der Bremer Bäder. Der beteuerte zwar, den beliebten Sommertreff erhalten zu wollen. Er müsse aber die Entscheidung des neuen Sportsenators Thomas Röwekamp (CDU) abwarten. Der hatte den Hornern mit einem Interview am Montag im Weser-Kurier neue Hoffnung gemacht. Röwekamp ließ ihnen via Zeitung ausrichten, er nehme die Anliegen der Menschen durchaus ernst, die sich gegen die Schließung des Bades wenden.

Im August wollen die Bewohner Horn-Lehes ihren Protest in die Innenstadt tragen und vor dem Rathaus demonstrieren. Ob sich die Sebaldsbrücker, die um ihr Schlossparkbad kämpfen, anschließen werden, ist fraglich. Noch protestiert jede Gruppe für sich allein. Nach dem Horner Treffen am Montag rollten gestern Schülerinnen und Schüler in Sebaldsbrück ihre Transparente aus. Zwar bekommt das Schlossparkbad noch bis 2005 Sponsorengelder von Coca-Cola – was danach kommt, ist aber ungewiss. Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Schlossparkbad-Freundin Karin Kauertz sieht in der Unterstützung auch eine Gefahr: „Die Bedrohung erscheint dadurch nicht so akut wie in Horn, deshalb ist es schwer, die Leute hier zu mobilisieren.“ Kauertz befürchtet, dass die Betroffenen gegeneinander ausgespielt werden könnten.

Ganz unbegründet ist das nicht. Ein Vorfall am Montag zeigte, dass sich schon die Horner selbst über die Zukunft ihres Bades nicht einig sind. Ortsamtsleiter Ulrich Mix (CDU) hatte einen Experten eingeladen, der den Bürgern seine Vorstellungen vom Umbau der Anlage in ein Naturschwimmbad darlegen wollte. Der Mann musste seinen Vortrag nach zahlreichen Buh-Rufen aus dem Publikum abbrechen. „Wir wollen kein Spaßbad“, sagte Gerold Janssen, seit Jahrzehnten Vorkämpfer für Horner Bad und Hollerland.

Vielleicht helfen den Badefreunden jetzt nur noch wundersame Geschichten. Janssen hatte am Montag so eine auf Lager. Sie klingt abenteuerlich, könnte aber das Horner Bad retten. Ein Teil des Bädergrundstücks gehöre möglicherweise gar nicht der Stadt, eröffnete der 80-Jährige den gespannten Zuhörern. Dieses Land soll den Horner Bürgern bei der Erweiterung des Bades in den Siebzigerjahren vermacht worden sein. Sollte sich das Gerücht bestätigen, könnte die Stadt, so Janssens Hoffnung, nicht über das gesamte Grundstück verfügen. In Horn werden nun verzweifelt die Grundbücher gewälzt. Steffen Hudemann