Strieders Agenda 2010

Stadtentwicklungssenator Strieder legt einen Masterplan für den Verkehr vor. Vor allem soll der nichtmotorisierte Verkehr gefördert werden. Laut Strieder bleibt Berlin „Traumstadt für Autofahrer“

von JAN ROSENKRANZ

Parken wird teurer, Radfahren leichter und der City-Transitverkehr halbiert – das sind einige der Kernaussagen des Stadtentwicklungsplanes (StEP) Verkehr, den der Senat gestern beschlossen hat. Nach Aussagen von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder ist das Konzept mit dem klangvollen Namen „mobil2010“ nicht einfach ein Strategiepapier, sondern „Handlungsanweisung“ für die zukünftige Verkehrspolitik des Senats.

Der StEP Verkehr enthält darum neben Leitlinien auch ein konkretes Mobilitätsprogramm 2006. Die darin formulierten 32 Einzelmaßnahmen (Auszüge siehe Shorty) will der Senat bereits bis zum Ende dieser Legislaturperiode umsetzen. Vor allem der nichtmotorisierte Verkehr – Radfahrer und Fußgänger – soll gefördert werden. Im innerstädtischen Radwegenetz müssten deshalb die wichtigsten Lücken geschlossen werden. Weil fast die Hälfte aller Wege in Berlin kürzer als drei Kilometer seien, ließen sich mit relativ geringem Investitionsaufwand bereits „verkehrliche Erfolge“ erreichen.

Nach Strieders Ansicht ist Berlin auch weiterhin „eine Traumstadt für Autofahrer“. Im täglichen Verkehr liegt des Auto mit einem Anteil von 38 Prozent noch immer weit vor dem öffentlichen Nahverkehr. Der Plan geht davon aus, dass sich grundlegend wenig ändern kann. Den Augenmerk legt der Senat darum verstärkt darauf, die innerstädtischen Verkehrsströme schrittweise neu zu organisieren. So soll vor allem der Durchgangsverkehr durch die City verstärkt auf Tangenten abgeleitet werden. Dadurch soll der Transitverkehr langfristig um 50 Prozent reduziert werden. Konkret: Der gerade Weg durch die Stadt wird künftig länger dauern, Abbiegen wird erleichtert, so Strieder.

Um eine weitere Zunahme des Innenstadtverkehrs zu verhindern, kündigte Strieder auch eine weitreichende Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung an. Die Parkgebühren, die derzeit noch zwischen 1und 2 Euro pro Stunde liegen, soll sich künftig jedoch stärker an der Nachfrage orientieren. „Wer nachts mit dem eigenen Auto an den Hackeschen Markt fahren kann, um teures Bier zu trinken, der kann auch höhere Parkgebühren zahlen“, findet der Senator. 15 gebührenfreie Minuten hält er jedoch für vorstellbar.

Nachdem vor allem in den Jahren nach der Wende der Schwerpunkt auf dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur gelegen hat, soll nun vermehrt Bestandspflege und Instandhaltung betrieben werden. Ausgenommen sind Baumaßnahmen im Osten, die bestehende Ost-West-Unterschiede abbauen sollen. Denn noch immer sei die Erreichbarkeit der Zentren von den östlichen Bezirken aus mühseliger. Als oberstes Prinzip gelte jedoch: „Durch intelligente Organisation werden die vorhandenen Infrastrukturkapazitäten besser ausgenutzt“, heißt es im Mobilitätsprogramm.

Stieder räumte ein, dass einige verkehrspolitische Ziele vom Anfang der 90er-Jahre verfehlt wurden. So habe der Straßenverkehr seit der Wende um rund 20 Prozent zugenommen. Was zum einen daran liege, dass sich vor allem im Ostteil der Stadt die Arbeitswege verlängert haben. Andererseits sei bei neuen Siedlungsgebieten nicht konsequent darauf geachtet worden, dass sie sich entlang der S-Bahn-Strecken orientieren.

Dadurch sei aber auch die Belastung durch Lärm und Schadstoffimmission für viele Menschen spürbar gestiegen. StEP soll helfen, die Lärmbelästigung nun wieder zu senken. Mit der Ableitung des Verkehrs auf Tangenten, müssen darum neue „Entlastungsräume“ entstehen. Gleichzeitig will der Senat den Bezirken mehr Geld zur Verfügung stellen, um löchrige – und damit laute – Straßen auszubessern. Tagsüber sollen davon 70.000, nachts 90.000 Menschen profitieren können.

Der zusätzliche Finanzbedarf könnte durch die angekündigte „Rückgewinnung des öffentlichen Rechtsbewusstseins“ und die konsequente „Durchsetzung der vorgeschriebenen Geschwindigkeiten“, wie es das Verkehrssicherheitskonzept von „mobil 2010“ vorsieht, aufgebracht werden.