MICHEL FRIEDMANS AUFTRITT ZIELT AUF EIN SCHNELLES COMEBACK
: Aufwasch, Abwasch, Reinwaschgang

Er war immer schon ein Meister zweier Welten. Hie Trash, da Politik, und Michel Friedman eilte – Küsschen links, Küsschen rechts – zwischen beiden hin und her wie kaum ein anderer. Mit seinem einzigen Auftritt nach Wochen des Schweigens hat er sich nun selbst übertroffen. Seit Bill Clinton sich wegen eines offenen Hosenschlitzes vor der amerikanischen Nation verantworten musste, war nicht mehr so viel Seife auf den Fernsehschirmen: Aufwasch, Abwasch, Reinwaschgang – Friedman bot ein dreistufiges Weichspülprogramm für die Öffentlichkeit.

Der Aufwasch. Tiefer als ich ist keiner gefallen, sagt Friedman und meint, höher ist keiner gestiegen. Doch so viel Koks war’s nun auch wieder nicht, und aus manchen Weltgegenden werden schlimmere Nachrichten vermeldet als die selbst erklärte Lebenskrise eines Fernsehmoderators.

Der Abwasch. Alles sei er nun bereit zu opfern, so der effektvoll aufgeschäumte Anschein, Ämter, Rampenlicht und Ruhm. Nur zweierlei möge man ihm lassen: eine zweite Chance im Leben und seine Liebe zu Bärbel Schäfer. Wer wollte sich dazwischenstellen? Doch mit dem Sprühregen aus der Tränendrüse vernebelt er sein Ziel: das Comeback. Aufgeben wird Friedman bloß die gewählten Ämter, sein Gestus der Entsagung kaschiert damit nur das Unausweichliche: Im Zentralrat kann ein Vorbestrafter ohnehin schlecht bleiben. Von seinen TV-Shows dagegen will er ohne Not nicht lassen. Nichts drangeben, was einem nicht genommen wird – das stellt ihn in eine Reihe mit Clintons Spermageständnissen. Im Übrigen verrät es seine Wertschätzung für die Unterhaltungsindustrie: Er hält das Fernsehen offenbar für weniger Vorstrafen-allergisch als den Zentralrat.

Schließlich der Reinwaschgang. Eben noch reuiger Kokser, mahnt er nun munter die Jugend der Welt, vom schändlichen Gift für Seele und Karriere die Finger zu lassen.

Da schreibt sich das Skript für ein neues Sendeformat fast von selbst: „Bekenne! Friedman“. An Gästen wird es nicht fehlen, an interessierten Sendern auch nicht. Moral schmeckt schließlich am besten, wenn sie von gefallenen Tugendbolden verabreicht wird. PATRIK SCHWARZ