Polizeidirektor in Not

Erfurter Vorgesetzter soll die Beamten beeinflusst haben, die Kollegen verprügelten und darum vor Gericht stehen

HAMBURG taz ■ Korpsgeist unter Polizisten, sagt Roland Richter, „lehne ich ab“. Seinen eigenen Worten zum Trotz offenbarte der leitende Polizeidirektor aus der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt aber vor dem Hamburger Amtsgericht, sich bedingungslos vor drei Polizisten seiner Bereitschaftseinheit gestellt zu haben, die sich zurzeit wegen der Misshandlung von Zivilkollegen auf einer Hamburger Demonstration verantworten müssen. Er hat ihnen nicht nur zugesichert, dass sie im Falle einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von unter 12 Monaten im Amt bleiben können. Es häufen sich zudem die Anhaltspunkte dafür, dass er massiv in das Strafverfahren eingegriffen hat.

Die drei Angeklagten hatten zunächst ärztliche Atteste über ihre Verhandlungsunfähigkeit präsentiert, die das Gericht als „Gefälligkeitsgutachten“ gewertet hatte – und die von Polizeidirektor Richter initiiert worden waren. Der hatte die drei Polizisten selbst zum Krankschreiben zu Amtsärzten geschickt. Dass sie verhandlungsunfähig seien, „sieht man ja schon, wenn man die Leute anschaut“.

Als Zeuge vor Gericht musste Richter zudem einräumen, mehrfach mit den Angeklagten und deren Verteidigern über den Ablauf des Prozesses und die weitere Strategie gesprochen zu haben. Das hatte der Polizeidirektor zunächst geleugnet. Er wurde aber schließlich von den drei Rechtsanwälten der Unwahrheit überführt. Diese haben ein starkes Interesse daran, den Druck zu entlarven, unter den die Polizeiführung ihre Mandanten gesetzt haben soll. Denn die drei hatten sich mit ihrer Aussage bei Prozessbeginn selbst schwer belastet – was die Verteidiger nun dem Polizeidirektor zuschieben wollen. Ihre Verteidigungsstrategie hat bewirkt, dass über die drei Polizisten inzwischen weniger als Täter und mehr als Opfer ihrer Hierarchie verhandelt wird. ELKE SPANNER