Schröder hat Italien wieder lieb

Nach diversen „Scusi“ aus der italienischen Regierung sagt der Bundeskanzler seine Urlaubsabsage wieder ab. Pöbelnder Tourismusstaatssekretär Stefani outet sich als teutophil – und kritisiert weiter eine „bestimmte Art von Deutschen“: die Rülpser

von RALPH BOLLMANN

Nein, eine Entschuldigung gibt es auch diesmal nicht. „Ich sage schon mehr, als ich wollte“, erklärte der italienische Staatssekretär für Tourismus, Stefano Stefani, gestern im Corriere della Sera, „ich rede nur, weil man mir gesagt hat, ich solle mich erklären.“ Und wer ist „man“? Silvio Berlusconi? Oder Stefanis eigener Parteichef Umberto Bossi? „Nein. Als ich mit Kollegen sprach, habe ich gemerkt, dass ich missverstanden worden bin.“

Ein Glück für den deutschen Kanzler Gerhard Schröder, dass er die Entscheidung über seinen diesjährigen Sommerurlaub nicht alleine in die Hände des pöbelnden Lega-Politikers Stefani gelegt hat. Nicht vom Staatssekretär selbst verlangte Schröder eine Entschuldigung für Stefanis Tiraden gegen die „einförmigen, supernationalistischen Blonden“ aus dem Norden – nein, auf eine Distanzierung der italienischen Regierung als ganzer kam es ihm an. „Sollten diese Äußerungen auf Billigung der italienischen Regierung stoßen“, hatte Schröder tags zuvor erklären lassen, dann werde er seinen „in Italien geplanten Urlaub absagen“.

Mehr noch als Berlusconis Vergleich mit Lageraufsehern decken sich Stefanis Äußerungen mit dem Deutschlandbild nicht weniger Italiener, und viele Bewohner des „Belpaese“ sehen darin die verdiente Revanche für manches Italien-Klischee in der deutschen Presse. Ein Spiegel-Titel aus den Siebzigern, der eine Pistole auf einem Spaghettiteller zeigte, ist südlich der Alpen noch lebhaft im Gedächtnis. Aber schnell wurde in der italienischen Öffentlichkeit daran erinnert, dass eben jene Barbaren 8,8 Milliarden Euro jährlich in Italien lassen – Tendenz steigend.

Wartet der Maler und Bildhauer Bruno Bruni, mit dem Schröder noch aus Hannoveraner Zeiten befreundet ist, in seinem Haus an der italienischen Ostküste vergeblich auf den prominenten Gast? Wie es aussieht, wird er ihn wohl Ende Juli wie geplant für seinen zweiwöchigen Aufenthalt begrüßen können. Nach einem langen Telefonat mit seinem deutschen Amskollegen Joschka Fischer, von dem italienische Medien gestern berichteten, rügte Außenminister Franco Frattini die Äußerungen des Staatssekretärs als „unnötig und unpassend“. Auch Wirtschaftsminister Antonio Marzano distanzierte sich von seinem eigenen Staatssekretär, dessen Pöbeleien „in keiner Weise die Auffassung der Regierung oder meine eigene Auffassung wiedergeben“.

Erleichtert konnte der deutsche Regierungssprecher Béla Anda sinngemäß feststellen: Der Urlaub des Kanzlers scheint gerettet. „Mit Befriedigung“ habe die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, so Anda, dass sich italienische Minister von den „inakzeptablen Pauschalbeleidigungen deutscher Touristen“ distanziert hätten. Mahnend fügte er allerdings hinzu, die Bundesregierung gehe „im Interesse der freundschaftlichen Beziehungen zu Italien“ davon aus, dass die Erklärungen der beiden Minister „ohne Relativierung“ blieben.

Das taten sie bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe – mit einer Ausnahme: Der kritisierte Staatssekretär pöbelte munter weiter. Zwar bot Stefani dem Kanzler seine Gastfreundschaft am heimischen Gardasee an, renommierte mit dem Besitz eines deutschen Autos und verwies darauf, dass er zwanzig Jahre mit einer Deutschen verheiratet war. Aber in der Sache blieb er hart. An seiner Meinung über „eine bestimmte Art von Deutschen“, so Stefani im Corriere, habe er nichts zu revidieren – genauso wenig wie an seiner Einschätzung, dass die Deutschen „nach Biergelagen Rülpswettbewerbe“ austrügen: „Aber, Entschuldigung, sind Sie noch nie auf dem Oktoberfest gewesen?“