Misstrauen gegen Obrigkeit

Am Wochenende wird Kleists „Der zerbrochene Krug“ in Düsseldorf bereits zum 25. Mal aufgeführt. Auch das Essener Grillo Theater will mit dem irdenen Gefäß Schulklassen-Kasse machen

Und find ich gleich nicht alles, wie es soll, ich freue mich, wenn es erträglich ist.

VON PETER ORTMANN

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Dorfrichter Adam Ende letzten Jahres zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Der Vorsitzende Richter am BGH, Eike Ullmann, sah mehrere Vorwürfe gegen Adam als erwiesen an: versuchte sexuelle Nötigung, Rechtsbeugung, versuchte Freiheitsberaubung und versuchte Anstiftung zum Meineid. Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte eine fünfjährige Haftstrafe beantragt.

Heinrich von Kleists Lust-Spiel hat Konjunktur, auch nach 192 Jahren. Es treibt silbergraue Dauerabonnementen und quirlige Schulkinder gleichzeitig ins Theater. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, deshalb ist das Spiel mit dem zerbrochenen Krug auch an zwei Bühnen in NRW gleichzeitig auf dem Spielplan. Das Düsseldorfer Schauspielhaus erlebt an diesem Wochenende bereits die 25. Aufführung, das Essener Grillo wird nachziehen. Beide Inszenierungen bleiben recht unspektakulär, haben erst am Schluss ihre zeitgenössischen Höhepunkte.

In Essen spielt Stefan Walz einen für Kleistsche Verhältnisse recht vitalen Dorfrichter, altersgerecht passend zum jungen Nico Link als Schreiber Licht, den man sich dafür als möglichen Nachfolger des geschassten Feld-Wald und Wiesen-Juristen kaum vorstellen kann. Das altbekannte Stück um die heimliche, jedoch nie vollzogene Liason zwischen Dorfinstitution Adam und Bauernmädchen Eve, die so ihren etwas tumben Verlobten Ruprecht vor dem Militärdienst in Indien retten will, strömt wie immer locker über die Bühne von Monika Gora, der ein schräger Holzfußboden mit stets qualmendem Ofen ausreicht, die niederländische Szenerie im 18. Jahrhundert darzustellen.

Am Ende bleibt das Misstrauen der dörflichen Bevölkerung gegenüber der Staatsmacht. Die Inszenierung nutzt Teile des Variants aus der ersten Fassung von Kleist. Auch das Geld, das der Gerichtsrat Eve anbietet, um Ruprecht eventuell freizukaufen, kann das Unbehagen der jungen Frau nicht mindern. Zu oft ist die Bevölkerung schon belogen worden. Und da hat sich bis heute nichts geändert.

12.Juni, 20:00 Uhr, Grillo EssenKarten: 0201-8122200