Geheime Betreuung

Entlassene Forensik-PatientInnen sollen zukünftig besser betreut werden: Jede Klinik bekommt eine Fachambulanz. Bürgerinitiativen sind skeptisch

Die neuen Betreuungsstandorte im Ruhrgebietwill das Ministeriums vorerst nicht verraten

von ANNIKA JOERES

Nordrhein-Westfalen wird bundesweiter Vorreiter in der Therapie von ForensikpatientInnen: Mit dem in dieser Woche begonnenen Modellprojekt „Stützpunkt Nachsorge“ sollen flächendeckend PatientInnen intensiv betreut werden.“Sie benötigen nach den oft langen Klinik-aufenthalten Hilfe, um den ungewohnten Alltag zu bewältigen“, sagte Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) am Dienstag in Düsseldorf. Dies sei ein Meilenstein im Maßregelvollzug, so Fischer.

Das Land verspricht sich davon auch eine geringere Rückfallquote der psychisch kranken StraftäterInnen. „Betreuer und Betreuerinnen registrieren frühzeitig, wenn akute Krisen drohen“, ist Fischer überzeugt. Jetzt sollen landesweit alle Fachkliniken die so genannten forensischen Fachambulanzen aufbauen. Dann, so hofft die Ministerin, würden auch die PatientInnenzahlen in den Kliniken sinken.

„Natürlich sollen ambulante Behandlungen nicht die stationären ersetzen“, sagt Ministeriumssprecher Kai von Schönebeck. Aber heute sei es so, dass viele PatientInnen noch in der Klinik seien, obwohl sie schon längst entlassen werden könnten, wenn sie jemand betreuen würde. „Wir werden aber niemanden vorzeitig entlassen“, sagt von Schönebeck.

Eine Entlastung der Kliniken tut Not: Zurzeit sind in den sieben forensischen Landesklinken etwa 2.000 psychisch krankeStraftäter inhaftiert, obwohl eigentlich nur rund 1.330 Behandlungsplätze zur Verfügung stehen. Angesichts des dramatischen Kapazitätsnotstands plant das Land den Bau von sechs neuen forensischen Kliniken. In Dortmund, Herne, Essen, Duisburg, Köln und Münster sollen 450 Plätze entstehen. Es wird noch Jahre dauern, bis diese fertig gestellt sein werden, nur der Bau der Dortmunder Klinik hat schon begonnen.

Die zukünftigen AnwohnerInnen der Kliniken begrüßen das neue Projekt – es geht ihnen aber nicht weit genug. „Natürlich müssen die PatientInnen nachbetreut werden“, sagt Siegfried Machalla von der Herner Bürgerinitiative gegen den Forensikbau. Insbesondere Sexualstraftäter würden immer noch viel zu lasch kontrolliert. „Da wird immer noch das Risiko für die Bevölkerung zu gering eingeschätzt“, sagt Machalla. Er droht: „Wenn die Herner Forensik kommt, haben wir in Nullkommanix tausende von Menschen auf der Straße.“

Das Gesundheitsministerium kennt seine BürgerInnen. Um PatientInnen der landesweit größten Klinik Lippstadt Eickelborn zu betreuen, soll es auch im Ruhrgebiet drei Anlaufstellen für Entlassene geben. Wo diese sich befinden werden, soll vorerst nicht verraten werden.