Kultur? Erstklassig

Rummel nach dem taz-Bericht über die Probleme bei Braunschweigs Kulturhauptstadt-Bewerbung

Hannover taz ■ Lokalpatrioten sind sie alle. Deshalb war wohl auch der Rummel um das drohende Scheitern von Braunschweigs Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt 2010 so groß: In ihrer Pfingstausgabe hatte die taz-Nord berichtet, Braunschweig wolle seine Bewerbung nachbessern, gleichzeitig Kreise aus dem Umfeld der Landesregierung zitiert, die Braunschweigs Broschüre als zu wenig visionär kritisierten.

Viele Zeitungen legten am Dienstag nach. Wie auch SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel, der meinte, das sei alles ein „Stück aus dem Tollhaus“. Er habe schon lange „den Verdacht, dass Braunschweig keine faire Chance gegeben werden“ sollte, sagte Gabriel, der auch Braunschweiger SPD-Bezirkschef ist. „Ganz offensichtlich schlage mal wieder die Neigung der Landesregierung zum Nordwesten durch.“ Damit meinte er, dass Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) aus Osnabrück, der anderen niedersächsischen Bewerberstadt kommt.

„Braunschweigs Bewerbung erstklassig“ machte die Braunschweiger Zeitung gestern in Reaktion auf die taz mit einem Zitat von MP Wulff auf. Tatsächlich, so wird im Fließtext deutlich, hatte Wulff natürlich gesagt, „Braunschweig wie auch Osnabrück“ hätten „erstklassige Bewerbungen vorgelegt.“ Im Leitartikel streichelt Chefredakteur Paul-Josef Raue Leserseelen: Braunschweig, die „Region zwischen Kaiserpfalz und Autostadt“, sei „eine europäische Kulturlandschaft ohnegleichen“.

Ohnegleichen klar ist auch, dass sich CDU wie FDP im Koalitionsvertrag bereits für Braunschweig entschieden haben: Vor über einem Jahr, ohne die Bewerbung zu kennen. Es sei „ärgerlich“, dass das „ohne erkennbare Not“ geschehen sei, kommentierte die Neue Osnabrücker Zeitung. Am 22. Juni wird sich das Kabinett entscheiden, welche Stadt sie in Berlin anmeldet. ksc