Gegen „heimliches Schulgeld“

Volksinitiative gegen die Abschaffung der Lernmittelfreiheit und weniger Geld für Schülerbeförderung konstituiert sich in Hannover. Eltern peilen 140.000 Stimmen an

Hannover taz ■ Dass Kultusminister Bernd Busemann (CDU) bei jeder nur erdenklichen Gelegenheit den alten Spruch vom „nackten Mann, dem man nicht in die Tasche greifen kann“ zitiert, geht Ulf Bröcker „schon lange auf die Nerven“. Deshalb, aber vor allem, weil der Oldenburger Stadtelternrat gegen die „Einführung eines heimlichen Schulgeldes“ ist, hat er gestern zusammen mit Kreiselternräten aus ganz Niedersachsen die „Volksinitiative für Lernmittelfreiheit und freie Schülerbeförderung“ ins Leben gerufen.

Innerhalb eines Jahres müssen 70.000 Unterschriften zusammenkommen, damit sich der Landtag mit dem Thema befasst. Die Inititiatoren rechnen sogar mit 140.000 Stimmen und mit moralischem Druck auf die Parlamentarier. Eltern sind schließlich Wähler.

Niedersachsen schafft die Lernmittelfreiheit als erstes Bundesland im Norden ab. Während Bremen wie Schleswig-Holstein weiter für die Schulbücher aufkommen, plant jedoch auch der Hamburger Senat gerade, die Zuschüsse für Lernmittel um 1,25 auf 15,7 Millionen Euro zu senken. Der Grund dafür: Ein 40 Millionen Euro großes Loch bei der Finanzierung der Kitas. Im vergangenen Jahr hatte in Hamburg ausgerechnet die Schill-Partei noch verhindert, dass Eltern für Schulbücher zur Kasse gebeten werden.

In Niedersachsen müssen Eltern die Bücher für ihre Kinder schon ab dem kommenden Schuljahr entweder neu kaufen oder zu etwa einem Drittel des Preises von der Schule mieten. Familien mit drei oder mehr Kindern bekommen einen Rabatt von 20 Prozent auf die Leihgebühr. Die „zunehmende Privatisierung von Schulkosten lehnen wir als sozial- und familienpolitisch ungerecht ab“, sagte Bröcker. Er rechnet mit Kosten in Höhe von 150 bis 180 Euro pro Jahr und Schüler. Das würde „eine Reihe von Eltern in Bedrängnis bringen“. Die von Schwarz-Gelb debattierte Kürzung der Gelder für die Schülerbeförderung bringt die Elternvertreter erst recht auf die Palme. Im Raum Helmstedt koste eine Schülerkarte für den Bus etwa 500 Euro im Jahr.

Mit dieser Forderung schlagen sich die Eltern sogar auf die Seite des Kultusministers. Busemann hatte sich Anfang des Jahres gegen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) durchgesetzt, der den Kommunen künftig völlig freistellen wollte, ob sie für die Beförderung der Schüler Geld verlangen. Schon jetzt haben die Gemeinden aber die Möglichkeit, für Schulbus und -bahn zu kassieren. Grundsätzlich verpflichtet das Schulgesetz zwar Landkreise und kreisfreie Städte, den Eltern das Busticket zur Schule zu erstatten. Dabei kann jedoch eine Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule festgelegt werden, von der an die Beförderung kostenlos ist. ksc