Lenny Kravitz und die Stereophonics in der Color Line Arena
: Und ewig röhrt die Stromgitarre

Lenny Kravitz hat ein ziemlich körperliches Verhältnis zu seiner Lieblingsklampfe – der Gibson Flying V. Deshalb darf sie auch mit in den roten Farbeimer, wenn er entspannen will, wie das Cover seines neuen Albums Baptism zeigt. Keine Frage: Kravitz ist der große Styler handgemachter Rockmusik. Ein Mann, der weiß, dass eine Frisur so voluminös sein muss wie der Sound eines Röhrenverstärkers. Das hat er von Hendrix gelernt, genauso übrigens, wie rockig es klingt, sich heiser zu schreien.

Kravitz ist ein dreitagebärtiger Riff-Rock-Muckertyp, aber er ist auch mehr als das. Er hat etwas Besonderes – er hat dieses Ding, das man Groove nennt. Kraftstrotzender kann Funk, Rock und Blues nicht klingen – da macht auch sein siebtes Album Baptism keine Ausnahme, das der Prince des funky Southern Rock jetzt in der Color Line Arena vorstellen wird.

Wenig hat sich seit dem Debüt Let Love Rule verändert. Die Gibson klingt auch diesmal wie 1975, ziemlich körperlich also – und das alles gibt‘s bald auch im Kino: Gerade ist Kravitz dabei, sein wildes Leben in ein Drehbuch zu schreiben.

Doch zuerst wird er die Color Line Arena rocken, gemeinsam mit den walisischen Stereophonics, deren Stromgitarren beinahe so laut röhren wie die Flying V von Kravitz selbst. Die Geschichte der Stereophonics ist so alt wie die Rockmusik. Was tut ein junger Mann in einer Kleinstadt, in der einfach nichts los ist? Er gründet mit seinen besten Freunden eine Rockband, nennt sich nach dem alten Radio, das die große, weite Welt ins Kinderzimmer brachte, findet eine Plattenfirma, nimmt ein Album auf, spielt auf immer größeren Bühnen – und ist am Ziel: Platz eins der legendären britischen Albumcharts. Top Of The Pops. Üblicherweise geht es so weiter: Ein zweites Album wird aufgenommen, verkauft sich schlechter als erhofft, der Plattenvertrag wird aufgelöst – und bald darauf die Band.

Anders die Stereophonics, die vor kurzem ihr Album You Gotta Go There To Come Back veröffentlicht haben. Die klingen bis heute wie ein kauziger, walisischer Cousin beim Verwandtenbesuch in London, Liverpool oder Manchester: etwas anders eben. Dass sie früher Stücke von Hendrix nachgespielt haben, hört man ihrem Britrock bis heute an. Verzerrte Hardrockphrasen galore. Und ewig röhrt die Stromgitarre. Marc Peschke

Donnerstag, 20 Uhr, Color Line Arena