Duell bei IG Metall

Aufarbeitung der Streikniederlage Ost und Machtkampf von Chef und Vize verzögern Personalentscheidung des IG-Metall-Vorstands

FRANKFURT/MAIN taz ■ Viel länger als erwartet hat der IG-Metall-Vorstand über die Streikniederlage im Osten diskutiert. Noch gestern Abend war völlig unklar, ob sich die festgefahrenen Lager bei der Krisensitzung bewegen würden. Eine angesetzte Pressekonferenz wurde verschoben. „Es kann noch Stunden dauern“, so IG-Metall-Sprecher Claus Eilrich. „Es hat bisher 24 Wortmeldungen gegeben, die Liste ist noch nicht abgeschlossen“.

Vor der Krisensitzung forderte IG-Metall-Chef Klaus Zwickel erneut den Rücktritt von Jürgen Peters. Das Scheitern des Streiks im Osten müsse Konsequenzen haben, „und dies nicht nur für Jürgen Peters“. Der 2. Vorsitzende, zuständig für Tarifpolitik, sei aber „der Hauptverantwortliche“. Peters forderte nach den Angriffen auf seine Person „Beruhigung und Versachlichung in der Diskussion“. Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer hoffte, „dass wir am Ende des Tages andere personelle Perspektiven haben werden“.

Auch während der Vorstandssitzung suchten Zwickel und Peters das Duell: Beide legten Papiere zum Streikdesaster im Osten vor. Die IG Metall sei „nachhaltig geschwächt“, die Gewerkschaften gingen aus dieser Tarifrunde insgesamt „noch stärker angeschlagen heraus“, heißt es im Zwickel-Papier, das vorab bekannt wurde. Zwickel empfahl, vor Tarifauseinandersetzungen „die tatsächliche Stimmungslage der Mitgliedschaft und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gesamtsituation einzuschätzen“. Dies sei beim Streik im Osten nicht hinreichend berücksichtigt worden. Ohne Namen zu nennen, forderte Zwickel den Rücktritt der Verantwortlichen: „Was in der Politik gang und gäbe ist, was die IG Metall in Unternehmen immer wieder fordert, das erwarten die Mitglieder und die Öffentlichkeit nun auch von der IG Metall selbst.“

Peters macht im Papier seiner Tarifabteilung erneut schlechte politische Rahmenbedingungen sowie Kommunikationsfehler für die Streikniederlage verantwortlich. Mangelnde Unterstützung aus der Frankfurter Zentrale und Kritik aus dem Westen vor allem aus den Autobetrieben werden ebenfalls als Gründe für das Scheitern angeführt. Personaldebatten, so das Fazit des Peters-Papiers, wären „zum heutigen Zeitpunkt das falsche Signal“.

Bei der Vorstandssitzung aber wird eine Personalentscheidung erwartet, zumal sich eine Kampfkandidatur zwischen Peters und Baden-Württembergs Bezirksleiter Berthold Huber angedeutet hat. So wird in einem Zeitungsbericht Porsche-Gesamtbetriebsratschef Uwe Hück zitiert, dem Huber signalisiert habe: „Wenn ihr mich ruft, werde ich diese große Gewerkschaft mit 100 Prozent Kampfkraft ins 21. Jahrhundert führen. Es geht mir nicht um den Sessel, es geht um die Sache.“ Huber selbst wollte sich erst in der Vorstandssitzung äußern. Auch gab es Gerüchte, wonach der gesamte Vorstand, also auch Klaus Zwickel, zurücktreten würde. THILO KNOTT