DEUTSCHE GROSSBANKEN BRAUCHEN KEINEN SCHUTZ VOR ÜBERNAHMEN
: Existenzzweck Rendite

Der Vorstand der Deutschen Bank präsentierte auf seiner gestrigen Hauptversammlung gute Geschäftszahlen. Die Aktionäre hielten sich mit Kritik am Schweizer Vorstandschef Josef Ackermann zurück. Alles in Butter also? Nicht ganz. Immerhin steht – glaubt man den Bankenexperten bis hinauf zu Bundeskanzler Gerhard Schröder – eine grundlegende Reform des deutschen Bankenwesens an: Nur noch drei staatliche Landesbanken von bisher elf sollen übrig bleiben, und auch die großen Privatbanken wie Deutsche, Dresdner oder HypoVereinsbank sollen fusionieren, fordert der Kanzler. Nur mit immer größeren Banken im Hintergrund, so die Theorie, könne die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb mithalten.

Nun exportiert die deutsche Wirtschaft mehr als irgendjemand sonst auf der Welt. Aber das kann natürlich noch besser werden, und die Präsenz deutscher Banken in allen Regionen der Welt kann da nicht schaden. Wer dazu eine Fusion der deutschen Banken fordert, will diese vor einer Übernahme durch ausländische Geldhäuser schützen. Eine solche nationale Lösung soll garantieren, dass deutsche Firmen weiterhin bei deutschen Kreditgebern für ihre Bedürfnisse Gehör finden. Doch genau hier liegt der Denkfehler: Auch deutsche Privatbanker streben wie ihre angelsächsischen Kollegen einzig nach möglichst hoher Rendite. Das ist ihr Existenzzweck und sind nicht irgendwelche nationalen Rücksichtnahmen.

Mit der derzeitigen Fusionitis kann sogar ziemlicher Schaden angerichtet werden. Die einzigartige Struktur des deutschen Banksektors mit viel Konkurrenz durch Genossenschaftsbanken und Sparkassen würden die privaten Großbanken gerne einschränken – denn Konkurrenz senkt die Gewinne. Umgekehrt garantiert eine vielfältige Bankenlandschaft zwar nicht freizügige Kredite für Unternehmer und Privatleute, ist dem aber förderlich. Die Politik sollte also dafür sorgen, dass die Vielfalt der öffentlichen und genossenschaftlichen Banken erhalten bleibt. Immerhin haben dort Kunden und Staat mitzubestimmen – falls sie denn wollen. REINER METZGER