Dreister Fortschritt

Kürzungsarie in Niedersachsen: Die Wut der Betroffenen schwillt an. Nur der Steuerzahlerbund lobt Wulff & Co

HANNOVER taz/dpa ■ Nach den Sparankündigungen der niedersächsischen Landesregierung schwillt jetzt die Wut der Betroffenen an. Die Pläne belasten eine Familie mit zwei Kindern laut Landeselternrat jährlich mit 200 bis 300 Euro für Schulbücher. Das sei auch „für eine Durchschnittsfamilie schwer zu tragen“, kritisierte Verbandschef Hans-Jürgen Vogel. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte am Dienstag angekündigt, im kommenden Jahr rund 1,5 Milliarden Euro einzusparen.

DGB-Landesvorsitzender Hartmut Tölle sagte, die Einschnitte bei den Beamten seien „eine Sauerei, weil man Leute bestraft, die nichts für die finanzielle Lage des Landes können.“ 2004 sollen Beamten kein Urlaubsgeld und weniger Weihnachtsgeld erhalten. Auch der Personalabbau in den Finanzämtern (minus 900 Stellen) ist aus DGB-Sicht falsch. „Da müsste mehr Personal rein, das macht sich auch für das Land bezahlt“, meinte Tölle.

Die Einsparungen in Höhe von 10,65 Millionen Euro bei sozialen Förderprogrammen bedeuteten weniger Personal, drohte Günter Famulla, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Es sei „dreist“, die Kürzungen unter den Begriff „Subventionsabbau“ zu stellen. Die „Nullrunde“ bei Behinderteneinrichtungen und die Kürzung des Landesblindengeldes seien „reichlich heftig“. Behinderte müssten „zu Lasten von Schule und Polizei den Gürtel enger schnallen“.

Nur der Bund der Steuerzahler sieht im Kürzungsreigen Positives: „Im Gegensatz zur Haushaltspolitik der SPD-Regierung ist das ein Riesenfortschritt“, sagte ein Sprecher. Aber: Die Möglichkeiten im Personalbereich seien noch nicht ausgeschöpft. Auch Pensionäre sollten Abstriche beim Weihnachtsgeld hinnehmen. Außerdem könne man die Einsparungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld der Beamten auch auf Angestellte übertragen. Kai Schöneberg