Sudans Behörden haben Angst vor Darfur

Repression gegen Menschenrechtler begleitet den Krieg in Sudans Westregion. Erste Beobachter eingetroffen

KHARTUM taz ■ „Nicht hinsehen, aber am Tisch neben uns sitzt ein Mann vom Sicherheitsdienst, den ich kenne“, flüstert die Frau mit dem geblümten Kopftuch. „Aber keine Sorge. Er versteht kein Wort Englisch“, fügt sie hinzu. Die Frau, die anonym bleiben möchte, ist eine Menschenrechtsaktivistin aus Darfur zu Besuch in Khartum.

Im Februar wurde sie wegen ihrer guten Englischkenntnisse von den Behörden in Darfur aus ihrem Büro geholt, um für ausländische Diplomaten zu übersetzen, die sich die Lage in Darfur ansahen. Sie übersetzte genau, was Flüchtlinge über Morde, Vergewaltigungen und Plünderungen durch regierungstreue Dschanschawid-Milizen erzählten. Dann ging die Frau nach Hause. Am nächsten Tag wurde sie verhaftet und acht Tage lang festgehalten.

Bis dahin hatte sie sich nicht aktiv mit dem Konflikt in ihrer Heimat befasst. Als Tochter einer schwarzafrikanischen Mutter und eines arabischen Vaters wollte sie sich auf keine der beiden Seiten schlagen. Aber nach ihrer Erfahrung mit dem Sicherheitsdiensten beschloss sie, Informationen über die Menschenrechtslage in Darfur zu sammeln. Nun sitzt sie in Khartum und erzählt wütend über Vergewaltigungen.

Nach ihren Angaben sind vor allem Frauen des Saghawa-Volkes das Ziel – eine der Ethnien, die in Darfur gegen die Zentralregierung in den Aufstand getreten sind. „Die Dschandschawid wollen durch Vergewaltigungen arabische Babys machen. Die Saghawa sind als mutig bekannt und die Milizen hoffen auf mutige arabische Babys, wenn sie die Saghawa-Frauen schwängern.“

In Khartoum leben ungefähr zwei Millionen Menschen aus Darfur. Die Sicherheitsbehörden der sudanesischen Regierung vermuten darunter viele Aktivisten der Rebellen. Ein Anwalt erklärt in seinem klimatisierten Büro, dass die Regierung auch wenig Vertrauen in die eigene Armee hat, die zu 80 Prozent aus Rekruten aus Darfur besteht.

Vor kurzem wurden in Khartum mehrere Dutzend junge Männer aus Darfur verhaftet. Die Sicherheitsdienste machen sich Sorgen über Bemerkungen der SLA-Rebellenführung aus Darfur (Sudanesische Befreiungsarmee), dass sie den Konflikt nach Khartum exportieren wollen. „Wir müssen den Krieg nach Khartum bringen“, erklärt ein Aktivist, der den Rebellen nahe steht. „Wir wollen die alten Politiker ablösen, sowohl die aus der Regierung als auch die in der Opposition ersetzen. Die haben bewiesen, dass sie schlechte Politiker sind. Die Zeit ist gekommen, dass eine neue Generation versucht, das Land aufzubauen.“

Zunächst kommt das Kriegsgeschehen in Darfur unter internationale Beobachtung. Gestern trafen in Khartum die ersten sieben Beobachter der Afrikanischen Union (AU) ein, die in der Stadt al-Fascher in Darfur eine Basis für eine 120 Mann starke AU-Beobachtermission aufbauen sollen. Darauf hatten sich Sudans Regierung und Darfurs Rebellen letzte Woche geeinigt.

ILONA EVELEENS