Teheraner Halbwahrheiten zum Thema Atom

Laut eines Berichts der Internationalen Atombehörde gibt Iran erstmals den Import von Atomzentrifugen zu

BERLIN taz ■ Iran hat erstmals zugegeben, dass es Teile für Zentrifugen zur Herstellung von atomwaffenfähigem Uran im Ausland gekauft hat. Dies geht aus einem vertraulichen Bericht hervor, den der Generaldirektor der Internationalen Atombehörde (IAEA), Mohammed al-Baradei, den 35 Mitgliedern des Gouverneursrats vorgelegt hat. Teheran hatte bisher den Import dieser Teile bestritten und behauptet, sie selbst hergestellt zu haben. Der Gouverneursrat der IAEA wird am 14. Juni in Wien tagen. Im Mittelpunkt der Tagung steht das Thema Iran. Die USA und Israel werfen Teheran vor, seit Jahren heimlich an der Herstellung von Nuklearwaffen zu arbeiten. Teheran hatte im Dezember 2003 das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet und sich verpflichtet, sein Atomprogramm offen zu legen und der IAEA unangemeldeten Zugang zu Atomanlagen und Einrichtungen zu gestatten.

Diesem Abkommen zufolge entdeckten Inspekteure der IAEA bereits bei ihren ersten Untersuchungen Spuren von hoch angereichertem Uran und anderen Substanzen sowie moderne Zentrifugen zur Urananreicherung. In einer Einrichtung in Farajand sei 36-prozentiges Uran-235 gefunden worden, heißt es in dem Bericht Baradais. Zudem würden in drei iranischen Nukleareinrichtungen weiter Komponenten für Atomzentrifugen hergestellt. All dies hatte Teheran in einem der Atombehörde vorgelegten Bericht verschwiegen. Iran hatte versichert, sein Programm zur Urananreicherung eingestellt zu haben. In dem IAEA-Bericht wird dies für drei Einrichtungen bestätigt, aber festgestellt, dass die Produktion von Komponenten für Atomzentrifugen in drei zu privaten Unternehmen gehörenden Einrichtungen fortgesetzt werde.

Diplomatenkreise in Wien rätseln, aus welchem Land Iran die Zentrifugen importiert haben könnte. Einige Diplomaten tippen auf Pakistan oder Russland. Andere meinen, dass Iran selbst die Zentrifugen produziert habe.

Iran behauptet, sein Atomprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken und der Energieversorgung des Landes. Ende Mai hatte Teheran der Atombehörde einen ausführlichen Bericht über sein Atomprogramm vorgelegt. „Wir haben unseren Beitrag geleistet und hoffen jetzt, dass bei der nächsten IAEA-Sitzung der Streit ohne Politisierung und ohne Vorurteil beigelegt wird“, sagte Irans Außenamtssprecher Hamid-Reza Assefi in Teheran. Sollte der Konflikt nun nicht rasch beigelegt werden, werde Iran den Vertrag mit der Atombehörde kündigen.

Trotz Dementis aus Teheran gibt es insbesondere in den Kreisen der Konservativen die Meinung, auch Iran benötige zu seiner Verteidigung Atomwaffen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Israel sowie Indien und Pakistan über Atomwaffen verfügen, während Iran auf den Ausbau seiner Verteidigung verzichten soll. Ferner zeige das Beispiel Nordkorea, dass ein Land mit Atomwaffen nicht so leicht angreifbar sei. Die Reformer hingegen streben nicht den Bau von Atombomben an, fordern jedoch, dass die ganze Region zu einer atomfreien Zone erklärt wird. BAHMAN NIRUMAND