Deutsche Bank auf der Suche

Vorstand Ackermann will das Privatkundengeschäft stärken, weiß aber nicht, wie. Interesse an Postbank, Kritik von den Aktionären. Gewinn steigt 2004 wieder an

FRANKFURT/M. taz/dpa ■ Die Deutsche Bank hat schon bessere Zeiten erlebt. Während selbst die umworbene Postbank mit ihrem Privatkundengeschäft einen Profit von 11 Euro auf 100 Euro Eigenkapital erwirtschaftet, kam die Großbank 2003 gerade mal auf 5 Euro. Trotzdem gab sich Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann auf der Hauptversammlung in Frankfurt am Main gestern optimistisch.

Die Talsohle sei durchschritten, sagte er vor den Aktionären. Nach dem Verkauf von Bankteilen, Einsparung und Vernichtung von Arbeitsplätzen sei der Konzern nun wieder „gut aufgestellt“. Die Bilanz der Deutschen Bank zeige „Qualität und Kapitalstärke“. Im ersten Quartal 2004 verdiente der Branchenprimus vor Steuern satte 1,56 Milliarden Euro.

Kleinaktionäre kritisierten dagegen das um 60 Prozent auf über 11 Millionen Euro gestiegene Jahreseinkommen von Ackermann und warfen ihm „Dilettantismus“ in seiner Geschäftsführung und einen „Imageschaden“ durch sein klägliches Auftreten als Angeklagter im Mannesmann-Prozess vor. Berufsopponenten wie Wirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger warfen dem Daimler-Großaktionär auch das vermeintliche Scheitern des Autokonzerns in Japan und China vor. Die eher linken Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre kritisierten den Vorstand, weil er seine Rolle in Südafrika unter der Apartheid verharmlose, Kredite für umweltfeindliche Projekte vergebe und Jobs vernichte. Andere Sorgen trieben die dividendenorientierte Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) um: „Das amateurhafte Bild, das unser Haus beim Postbank-Börsengang abgegeben hat, dürfte uns im Ausland nachhaltig schaden.“

Ungerührt signalisierte Bankboss Ackerman weiterhin Kaufinteresse an Postbank und großen Sparkassen. „Der Ausbau des Privatkundengeschäfts ist eines unserer vordringlichen strategischen Ziele“, betonte er. Mit ihrem Interesse an der Postbank und deren Millionenkundschaft gesteht die Deutsche Bank eigene strategische Fehler ein. Bis vor kurzem hatte Ackermann wie schon sein Vorgänger Rolf Breuer viele Konteninhaber mit einer radikalen Orientierung auf das Investment- und Großkundengeschäft verschreckt. Während beide sich nach und nach vom bewährten und typisch deutschen Universalbanksystem verabschiedeten und lieber angelsächsische Wertpapierbanken nachahmten, gingen britische und amerikanische Banken den umgekehrten Weg. Mit der umfassenden Strategie einer „deutschen“ Universalbank wuchs die US-amerikanische Citibank zum weltgrößten Finanzdienstleister heran, während die „amerikanisierte“ Deutsche Bank international an Renommee verlor.

HERMANNUS PFEIFFER

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