Studenten im Iran verschieben ihren Protest

Pressekonferenz in Teheran am Jahrestag der Unruhen endet mit der Verschleppung von drei Funktionären

TEHERAN afp/rtr ■ Am vierten Jahrestag der Studentenproteste in Iran sind in der Hauptstadt Teheran drei Führungsmitglieder des nationalen Studentenverbandes festgenommen oder verschleppt worden. Kurz nach einer Pressekonferenz stürzten sich gestern Augenzeugen zufolge Männer in Zivil auf die drei Verbandsfunktionäre, warfen sie zu Boden und schafften sie in einem Auto fort. „Wir können nicht von einer Festnahme reden, es war eine Entführung“, sagte Studentenführer Matin Meschkini den Vorfall.

Insgesamt fünf Mitglieder des Verbands namens „Büro für die Festigung der Einheit“ hatten zuvor auf der Pressekonferenz erklärt, dass sie auf Anraten ihnen nahe stehender reformorientierter Abgeordneter von einem ursprünglich aus Anlass des Jahrestages geplanten Sit-in vor dem Gebäude der vereinten Nationen in Teheran wieder Abstand genommen hätten.

Einer der später festgenommenen Redner hatte unter anderem die mangelnde Pressefreiheit in Iran kritisiert und beklagt, dass die von Staatspräsident Mohammed Chatami geplanten Reformen zum Stillstand gekommen seien.

Nach seinen Worten sollen die Veranstaltungen zur Erinnerung an den 9. Juli 1999, als mindestens ein Student erschossen und hunderte verletzt oder festgenommen wurden, zu Beginn des kommenden Studienjahres im September stattfinden. Aus den damaligen Protesten hatten sich in der Folge die größten Kundgebungen in Iran seit dem Sturz des Schahs und der Machtübernahme der Mullahs 1979 entwickelt.

Aus Protest gegen das Demonstrationsverbot in Iran versammelten sich gestern auch in Europa und den USA iranische Oppositionelle, wie ein Sprecher des Nationalen Widerstandsrates in Berlin mitteilte. Am Brandenburger Tor kamen demnach etwa 250 bis 300 Demonstranten zusammen. Der Sprecher der den Volksmudschaheddin nahe stehenden Organisation verwies auch darauf, dass in Iran am Morgen 36 iranische Offiziere festgenommen worden seien, weil sie sich geweigert hätten, Studentendemonstrationen zu zerschlagen.

Die iranische Führung hatte für Mittwoch jede Demonstration innerhalb und außerhalb der Universitäten untersagt. Damit sollte verhindert werden, dass die jüngsten Proteste von Anfang Juni wieder aufflammen.

Darüber hinaus ordneten die Behörden an, das Gelände der Teheraner Amir-Abad-Universität in der Zeit vom 7. bis 14. Juli zu schließen. Die 8.000 dort lebenden Studenten wurden aufgefordert, während dieser Zeit dem Campus fernzubleiben.

Milizen der Staatsführung hatten die Juni-Proteste gewaltsam niedergeschlagen. Sie richteten sich erstmals direkt gegen die geistliche Führung des Landes unter Ajatollah Ali Chamenei.

Die Demonstranten forderten ebenfalls den Rücktritt von Präsident Chatami. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft nahmen die Sicherheitskräfte 4.000 Demonstranten in der Hauptstadt Teheran sowie in den Provinzstädten fest, von denen sich noch immer rund 2.000 in Haft befinden.