US-Abzug in konkreter Ferne

Neuer Entwurf für UN-Resolution nennt erstmals den Jahreswechsel 2005/2006 als möglichen Termin für den Rückzug der US-Streitkräfte aus dem Irak. Skeptische Reaktionen in New York

GENF taz ■ Die USA und Großbritannien haben einen neuen Entwurf für eine Irakresolution vorgelegt, der erstmals eine zeitliche Begrenzung für die Anwesenheit der Besatzungsarmee vorsieht. In dem Entwurf für den UN-Sicherheitsrat wird das Mandat der „Multinationalen Streitmacht“ (MNS) – der neue Name für die US-geführten Truppen ab dem 1. Juli – auf voraussichtlich spätestens Ende 2005/Anfang 2006 begrenzt.

Bis dahin sollen im Irak eine endgültige Verfassung verabschiedet und eine reguläre Regierung durch allgemeine freie Wahlen bestimmt worden sein. Die vorherige Interimsregierung soll dagegen nicht das Recht erhalten, die Präsenz der ausländischen Truppen zu beenden. Erst die im Januar 2005 zu wählende reguläre irakische Regierung kann einen Abzug verlangen – aber nicht durchsetzen. Voraussetzung wäre nämlich zudem die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats. Dort haben die USA und Großbritannien allerdings ein Vetorecht, mit dem sie theoretisch einen Rückzug blockieren könnten.

Trotzdem erklärte Richard Boucher, Sprecher des US-Außenministeriums, der geänderte Text mache deutlich, „dass die irakische Übergangsregierung vollkommen souverän sein wird“. Eine Abstimmung über den neuen Entwurf ist zunächst nicht vorgesehen. Zuerst soll in New York die neue Übergangsregierung zu Wort kommen.

Der UN-Beauftragte Lakhdar Brahimi sagte auf Kritik am starken US-Einfluss auf die Übergangsregierung, es seien „weiterhin die Amerikaner, die das Land regieren“. US-Zivilverwalter Paul Bremer sei „Iraks Diktator“ und habe das letzte Wort über die Entwicklung im Land.

Die Botschafter Chinas, Frankreichs, Chiles, Algeriens und anderer Länder äußerten nach ersten Beratungen im Sicherheitsrat in der Nacht zum Mittwoch Kritik auch an dem neuen Entwurf. Der Beauftragte der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Vogt (SPD), sowie der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger, werteten den neuen Resolutionsentwurf hingegen als „Schritt in die richtige Richtung“ und als „deutliche Verbesserung“.

Unterdessen starben gestern bei einem Autobombenanschlag auf einen US-Konvoi in Bagdad mindestens vier Menschen. 34 Personen wurden verletzt. Der Konvoi selbst wurde nicht getroffen. AZU, KLH

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