Lehrjahre für den Football

Die erste Saison der Cologne Centurions war wenig erfolgreich. Trotzdem setzen die US-Footballstrategen auf das Domstadt-Team – jetzt sollen Schulen und Hochschule mitziehen

Barcelona brachte es auf 4.000 Besucher. Da sind die 12.000 Zuschauer in Köln geradezu fantastisch

AUS KÖLN CHRISTIANE MITATSELIS

Die Footballer aus den Vereinigten Staaten waren sichtlich überfordert. Mit verständnislosem Blick nippten die etwa 50 Sportler an ihren Cola-Gläsern, starrten entgeistert auf die Bühne im Veranstaltungssaals des Kölner Dorint-Hotels. Dort hüpfte ein Mann herum, der eine blonde Perücke trug und immer wiedermit viel Enthusiasmus „eine neue Liebe ist ein neues Leben“ brüllte. Der Starimitator Linus hatte zuvor James Brown und Elton John nachgeahmt – damit kamen die Herrschaften aus Nordamerika zurecht. Schlager von Jürgen Marcus waren ihnen dagegen nicht geläufig – und so ging die Saison-Abschlussfeier der Cologne Centurions ziemlich schnell zu Ende.

Überhaupt sind die Spieler aus den USA bald erlöst von ihrem Aufenthalt in Köln. „Viele von den Jungs sind aus der Provinz. Sie waren noch nie von zu Hause weg und haben großes Heimweh“, berichtet Jacques Orthen, Präsident des im vergangenen Herbst gegründeten Kölner Footballteams der NFL Europe. Noch ein Auswärtsspiel bei den Scottish Claymores in Schottland – und die nur zehnwöchige Saison der NFL Europe ist vorbei. Die Profis kehren in die Heimat zurück, in der Hoffnung, bei einem der Teams der „richtigen“ großen National Football League unterzukommen. Die Chancen sind jedoch nur gering, durch besonders gute Leistungen tat sich in Köln kaum einer hervor. Chancen, das Endspiel um den „World Bowl“ (12. Juni, Arena Auf Schalke) zu erreichen, haben die Kölner schon lange nicht mehr. Nur drei von neun Spielen haben die Zenturionen bisher gewonnen. „Wir hatten wenig Glück“, findet Orthen. Aber eigentlich macht das nichts.

Man ist in Köln ja nun an Niederlagen gewöhnt – und vor allem haben die Centurions den Auftrag erfüllt, den ihnen die Planer des europäischen Ablegers des europäischen Expansionsprojekts der NFL mitgegeben hatten. Es ging darum, eine ordentliche Zuschauerzahl zu erzielen. Denn schließlich soll durch die NFL Europe das Merchandising voran gebracht werden. Die Barcelona Dragons, die wegen chronischer Besucherarmut aus der Liga verbannt wurden, brachten es im vergangenen Jahr gerade einmal auf durchschnittlich knapp 4.000 Besucher. Dagegen sind die 12.000 Zuschauer, die im Schnitt ins 50.600 Besucher fassende RheinEnergie Stadion kamen, natürlich fantastisch.

Zwar verschenkten die Centurions Eintrittskarten für ihre Heimspiele in großen Mengen, und die etablierten Klubs Frankfurt Galaxy und Rhein Fire brachten jeweils mindestens 5.000 eigene Fans mit – doch auch das ist egal. Die NFL-Teambesitzer in den USA, die die europäische Liga mit mehr als 20 Millionen Dollar jährlich subventionieren, hatten mehr Zuschauer gefordert – und die haben sie bekommen. Paul Tagliabue, Comissioner und mächtigster Mann der NFL, sprach „von einem sehr guten Start“, als er das Kölner Team Anfang Mai besuchte. Im Herbst werden die US-Teambesitzer darüber entscheiden, ob der Vertrag mit der NFL Europe über das Jahr 2005 hinaus verlängert wird – die Chancen stehen besser als noch vor ein paar Monaten.

Die Zenturionen planen deshalb bereits für die Zukunft. Da sie ihre Tickets langfristig doch lieber verkaufen und nicht mehr verschenken wollen, versucht der Klub, sich ein Football-affines, junges Publikum heranzuzüchten. Mit Unterstützung der NFL fördern die Centurions Football-Projekte an 44 Kölner Schulen. Und dazu wird an der Sporthochschule Köln, ebenfalls mit Unterstützung der US-Liga, schon im Wintersemester das Lehrfach Football eingeführt werden.