Bei Nummer 12 gibt’s Kinderlandverschickung

Mit einer CD-ROM wollen die Museen Delmenhorst Schülern und Schülerinnen die lokale NS-Zeit erläutern – aber das Projekt ist ins Stocken geraten

taz ■ Die Fortsetzung des Museumsprojektes „Topographie der NS-Zeit in Delmenhorst“ steht nach mehr als fünf Jahren intensiver Arbeit vor großen Problemen. Seit 1998 wurde die NS-Vergangenheit der Stadt an der Delme für Schüler ab der siebten Klasse aufgearbeitet. Dabei ist eine Sammlung mit mehr als 50 Arbeitsmappen entstanden, die von Schülern auch bereits genutzt werden. Um den Einstieg in das Thema zu erleichtern und vom Standort der Mappen im Fabrikmuseum unabhängig zu machen, wurden die Inhalte nun zu einer CD-ROM verarbeitet. Sie ist mit Quellenmaterial, vor allem Auszügen aus Büchern und Zeitungen, angereichert.

Die CD entpuppt sich jedoch schnell als Provisorium – und kann zur Zeit auch noch gar nicht mehr sein. Ein anschaulicher Einstieg soll über einen Stadtplan von Delmenhorst und Umgebung gelingen. Dort finden sich 57 numerierte, verschiedene Kästen, die je einem Haus, einer Straße oder einer anderen Stätte zugeordnet sind. All diese Orte stellen eine Verbindung zu Themen der NS-Zeit her. Durch Klick beispielsweise auf die Nummer 12, den Bahnhof, öffnet sich eine Übersicht mit Texten und Bildern zur Kinderlandverschickung. Die Texte reichen von Auszügen aus Erlebnisberichten bis hin zu kleinen lexikalischen Abschnitten.

Leider fehlen zu Beginn kurze Hinweise auf Verfasser und Herkunft, sie finden sich immer erst am Ende. Auch eine allgemeine Einführung sucht man vergeblich. Bei Farbgestaltung, Layout und Satz wird die aktuelle Version dem eigenen Anspruch, das „Material in leicht zugänglicher Form anzubieten“ nicht gerecht. Schwarze, zu klein geratene Schrift auf grauem Hintergrund ist eher schwere Kost. Statt Bild und Text streng zu trennen, hätte eine Auflockerung der Textblöcke weniger ermüdend gewirkt.

Gerhard Kaldewei ist Leiter der Museen der Stadt Delmenhorst. „Leider ist die CD zurzeit noch nicht mehr als eine bessere Datenbank,“ gibt er zu. Schuld daran sind die Arbeitsumstände: Bis Anfang 2002 waren ausschließlich ABM-Kräfte eingesetzt. Seitdem liegt die Arbeit an dem deutschlandweit einzigartigen CD-Projekt größtenteils brach. Es gibt keine ABM-Stellen für die Museen mehr.

Gerhard Kaldewei hofft trotzdem, dass die CD-ROM in ihrer geplanten Form vollendet werden kann und dann interessierten Schülern zur Verfügung steht: „Wir suchen jetzt einen Verlag, mit dem zusammen wir die CD fertigstellen und im nächsten Jahr auch vertreiben können.“

Sie sei aber bereits in Gebrauch: „Wir haben die Demo-Version zunächst einmal an die Schulen in der Umgebung geschickt,“ erläutert Museumspädagogin Gerda Hartmann. „Wir hoffen, auch von dort positive Rückmeldungen zu bekommen.“

Christian Ehlers