Afrika hat es nicht eilig mit Einheit

Jahresgipfel der „Afrikanischen Union“ (AU) beginnt in Mosambik. Hinterher wird die der EU nachempfundene AU zwar mit Alpha Konaré aus Mali einen Präsidenten haben, nicht aber zentrale Institutionen wie Sicherheitsrat oder Parlament

Noch ist die vor einem Jahr gegründete AU ein eher rudimentärer Zusammenschluss

aus Johannesburg MARTINA SCHWIKOWSKI

In Mosambiks Hauptstadt Maputo hat gestern das erste Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) seit ihrer Gründung in Südafrika vor einem Jahr begonnen. Staatsoberhäupter aus fast allen der 53 Mitgliedsländer sind gestern zu dem dreitägigen Gipfel angereist, um an den Entscheidungsprozessen zur Bildung von zentralen Organen der Union teilzunehmen. Hauptziel ist es, die bisher formulierten Pläne zur Umsetzung des panafrikanischen Entwicklungsplans Nepad (Neue Partnerschaft zur Entwicklung Afrikas) in festere Bahnen zu lenken und der AU die dafür notwendige politische Struktur zu verleihen. Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, Hauptinitiator von Nepad, gibt auf diesem Gipfel den AU-Vorsitz an Mosambiks Präsident Joaquim Chissano ab, und während im Gründungsjahr der AU die Koordination hauptsächlich in Mbekis Händen lag, verlagert sich nun die weitere Entwicklung des Staatenbundes an eine in Maputo zu wählende zehnköpfige Kommission. Einziger Kandidat für die Leitung dieser Kommission als Präsident der AU ist Malis früherer Präsident Alpha Oumar Konaré.

Noch ist die Afrikanische Union, die vor einem Jahr die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) ablöste, ein eher rudimentärer Zusammenschluss, gegründet in Anlehnung an die Europäische Union mit der Vision, Afrika zu vereinen, die Armut zu bekämpfen und Demokratiebestrebungen zu stärken. Hatte die OAU noch strikt auf dem Prinzip der gegenseitigen Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der Staaten bestanden, wurde vor einem Jahr ein so genannter „peer-review“-Mechanismus zur gegenseitigen Kontrolle der „guten Regierungsführung“ afrikanischer Regierungen hoch auf der Liste der einzurichtenden AU-Organe angesiedelt. Doch bisher haben sich nur 18 Länder dazu verpflichtet, an diesem Mechanismus mitzuwirken.

Im Mittelpunkt des AU-Gipfels stehen daher wie auch sonst immer bei der OAU Afrikas Konflikte und Krisenherde wie Liberia, die Demokratische Republik Kongo, Elfenbeinküste, Sudan und die Zentralafrikanische Republik. Liberias Präsident Charles Taylor nimmt nicht am Gipfel teil, auf dem auch über die Entsendung von westafrikanischen Truppen nach Liberia beraten wird.

Trotz des Schwerpunkts Konfliktlösung ist bezeichnend, dass eines der wichtigsten geplanten AU-Gremien, der Sicherheitsrat, noch immer nicht gegründet werden wird. Nur zwölf Länder hatten bis Gipfelbeginn das entsprechende Protokoll unterzeichnet. Benötigt werden die Unterschriften aus 27 Ländern, also die Mehrheit der AU-Mitglieder. Erst dann kann der Rat seine Arbeit aufnehmen; ihm soll später eine afrikanische Friedenstruppe unterstellt sein. Viele AU-Mitgliedsländer stehen einer solchen Truppe offenbar skeptisch gegenüber, und die Ernsthaftigkeit mancher Länder am Mitwirken an der AU ist zweifelhaft: Acht Ländern droht der Ausschluss wegen nicht gezahlter Mitgliedsbeiträge, darunter Kongo und Liberia.

Auch das andauernde Tauziehen um den Sitz des neu zu bildenden „Panafrikanischen Parlaments“ wird auf diesem Gipfel nicht beendet werden können, weil zu wenig Länder das Gründungsprotokoll bisher unterzeichnet haben. Präsident Thabo Mbeki rief gestern in seiner Eröffnungsansprache die Länder auf, wenigstens bis Jahresende eine Entscheidung zu treffen. Südafrika hatte sich stark gemacht für den Standort Kapstadt, während Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi das Parlament in seinem Land ansiedeln möchte. Südafrika weigert sich auch, das in Johannesburg operierende Nepad-Sekretariat nach Addis Abeba ziehen zu lassen, Hauptstadt Äthiopiens und Sitz der AU. Ein gemeinsamer Gerichtshof für Afrika liegt ebenfalls in weiter Ferne.

Afrikanische Bürgerrechtsbewegungen sind besorgt, nicht an den Entscheidungsprozessen in der AU teilhaben zu können. Mehr als 200 Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen waren in Maputo vor Beginn des Gipfels zusammengekommen und forderten in einer Deklaration mehr Mitarbeit in den AU-Gremien. Es fehle an konkreten Aktionen, bewaffnete Konflikte zu lösen, die Landeigentumsfrage im südlichen Afrika zu klären und die Schuldenberge der Regierungen zu verringern.