Junger Catenaggio

Italien zieht dank seiner typischen Defensivstärke ins Finale der U21-Europameisterschaft ein

BOCHUM taz ■ Manchmal kann man im Fußball schon am Auftreten der Trainer den mutmaßlichen Spielverlauf ablesen. Während Italiens U-21 Coach Claudio Gentile im eleganten Zweireiher aus feinstem Zwirn selbst beim Torjubel auf den ordnungsgemäßen Zustand seines Hemdkragens achtete, gab sich Portugals José Romão im DKP-roten Trainingsanzug hemmungslos seinen Emotionen hin – natürlich erfolglos. Die Italiener siegten im Halbfinale der Europameisterschaft der U21-Junioren recht humorlos mit 3:1 und sicherten sich gleichzeitig das Ticket zu den olympischen Spielen.

Die knapp 8.000 Zuschauer im Bochumer Ruhrstadion bekamen dabei einen Catenaggio in seiner reinsten Form präsentiert: Acht Italiener bauten in der eigenen Hälfte ein nahezu undurchdringliches Bollwerk auf. Nur die Angreifer Giuseppe Sculli und Alberto Gilardino waren vom Defensivspiel befreit. Nachdem die Portugiesen die zwischenzeitliche 2:0-Führung der Italiener verkürzten wurde auch noch Sculli nach hinten beordert. Das Geschehen sorgte für eine einseitige Halsstarre.

„Die Italiener sind nach einer Führung schwer zu spielen“, stellte José Romão resignierend fest, „sie nehmen jegliches Tempo aus dem Spiel.“ In Handballmanier bespielten die Portugiesen den italienischen Strafraum; zum erlösenden Abschluss kamen sie nicht mehr. Auch ein Grund: Vier gesperrte Spieler aus dem Deutschland-Match waren nicht zu ersetzen.

Für die Entscheidung sorgte Italiens Topscorer Alberto Gilardino eine Viertelstunde vor Schluss – mit seinem zweiten Treffer. „Jetzt träume ich von meinem ersten großen Titel“, sagte er. Läuft es normal, sollten noch etliche folgen. Der Star der Italiener hat in der diesjährigen Serie A locker 23 Tore für den AC Parma erzielt. Zur EM darf er dennoch nicht. Warum? „Da müssen sie Trappatoni fragen“, sagte Claudio Gentile. Immerhin war er froh, dass Gilardino seine Gelbsperre abgesessen hatte.

„Es war eine großartige Leistung meiner Mannschaft“, sagte Gentile nach dem Spiel. Der Weltmeister von 1982 hob wiederholt die „perfekte Organisation“ seines Teams hervor. Obwohl ein perfekter Catenaggio doch eigentlich erst mit dem Alter der Spieler reift... Giovanni Trapattoni hätte jedenfalls vor Freude applaudiert. Und gäbe es einen italienischen Günter Netzer, der Verweis auf ureigenste „italienische Fußballtugenden“ wäre unvermeidbar gewesen.

Im morgigen Finale im Bochumer Ruhrstadion (20.45 Uhr) treffen die Italiener auf Serbien Montenegro. Die Serben setzten sich im Halbfinale gegen Schweden durch: 6:5 im Elfmeterschießen. Milos Maric hatte dabei mit dem Ausgleich in der 90. Minute die Verlängerung erst möglich gemacht. Im Finale sind sie allerdings Außenseiter: Italien konnte sowohl in der Vorrunde als auch in der Qualifikation jeweils gegen Serbien Montenegro gewinnen.

Spannender könnte es daher im Spiel um Platz drei zugehen. Der Sieger der Partie Portugal gegen Schweden (Dienstag 18.15 Uhr, Oberhausen) löst das letzte Olympiaticket. HOLGER PAULER