Hohes Vertrauen

Bertelsmann-Stiftung gibt sich optimistisch: Geringe Wahlbeteiligung kein Zeichen für Politikverdrossenheit

GÜTERSLOH dpa/taz ■ Eine möglicherweise geringe Wahlbeteiligung bei der kommenden Europawahl ist nach einer neuen Studie der Gütersloher Bertelsmann Stiftung kein Zeichen für eine generelle Politikverdrossenheit in Deutschland. Die Untersuchung unter dem Titel „Politische Partizipation in Deutschland“ belege, dass derzeit mehr Bürger an Politik interessiert seien als während der neunziger Jahre, so die Stiftung in Gütersloh.

77 Prozent der Deutschen hätten grundsätzlich Vertrauen in die Verfassung und ihre Institutionen, dem weit verbreiteten Misstrauen gegenüber Parteien und Politikern zum Trotz, hieß es. Auch die Einschätzung der persönlichen Möglichkeiten, auf die Politik Einfluss zu nehmen, sei inzwischen positiver: Glaubten vor zehn Jahren nur 14 Prozent der Deutschen, individuell politisch Einfluss nehmen zu können, so schreiben sich heute 36 Prozent diese Möglichkeit zu.

Immer mehr Menschen betrachteten Wahlenthaltung oder den Wechsel der bevorzugten Partei als „gleichberechtigte Handlungsoption“ neben der Teilnahme an Wahlen, um Signale an die Politik zu senden. Dies sei als Ausdruck gestiegener Flexibilität und emanzipierten Politikbewusstseins zu werten, sagte der Präsidiums-Vorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Heribert Meffert. Die Studie belege auch, dass unkonventionelle Formen politischer Beteiligung wie Unterschriftensammlungen, Kundgebungen oder Bürgerinitiativen für die Bürger immer wichtiger werden, ebenso das partielle Engagement an konkreten Projekten.