Europa-Kandidatur für unabhängige Politik

Von Parteipolitik hält Markus Schilling gar nichts. Deshalb will der Kölner als Unabhängiger Abgeordneter ins Europaparlament einziehen. Er hat sich zu diesem Zweck mit zwölf Gleichgesinnten zusammengeschlossen

Wie ein Enfant Terrible oder gar ein Störer wirkt Markus Schilling nicht gerade. Da passt die Selbstbeschreibung des Kölners, der als Unabhängiger für das Europaparlament kandidiert, schon besser: Der „kleine Nadelpieckser“ wolle er sein, im dicken Sitzfleisch der großen Politik, wenn er am 13. Juni ins Europaparlament gewählt wird. Und wenn nicht, dann auch. Denn um eine Nadelstichpolitik geht es dem 39-jährigen Betriebswirt, der mit selbstgebastelten Geschenken und einem Internetauftritt nach den Bundestagswahlen 1998 und 2002 zum dritten Mal auf Low-budget-Wahlkampftour geht.

Schillings Ziele: Mehr Bürgerbeteiligung, Politikamateure rein in die Parlamente, Parteiprofis raus, Volksentscheide auf Bundesebene. „In zehn Jahren sollten zehn Prozent der Parlamentssitze von Parteilosen besetzt sein“, hofft Schilling. „Denn in Parteien bestimmen nur sehr wenige an der Spitze die Geschicke.“ Die Inhalte treten hinter diesen Überlegungen zum Politiksystem zurück. Zu EU-Osterweiterung, EU-Sicherheitspolitik oder Justizfragen kann Schilling (noch) kaum Konkretes beitragen. „Schließlich bin ich ja kein Profi und kenne mich mit den Detailfragen nicht so gut aus“, argumentiert er konsequent.

Als Mitarbeiter einer Consulting-Firma im Sozialbereich leitet Schilling die Abteilung Spendenverwaltung. Dass er seinen Job nach dem Wahltermin aufgeben muss, glaubt er nicht. Schließlich kandidiert er nur auf Rang 6 der Liste „Unabhängiger Kandidaten“. „Wir bräuchten bei einer Wahlbeteiligung von 40 Prozent etwa 1,5 Millionen Stimmen, damit wir einen Sitz erringen“, beschreibt Schilling nüchtern die Situation. Sein persönliches Wunschergebnis für die gesamte Liste liegt bei einer Million Stimmen.

Die „Aktion unabhängige Kandidaten“ ist ein Zusammenschluss von zwölf Kandidaten, die gemeinsam auf einer bundesweiten Liste antreten und sich als loses Netzwerk gegenseitig im Wahlkampf unterstützen. „Ich mache zum Beispiel die Internet-Seite, andere tragen dazu neue Inhalte bei“, erklärt Schilling. Auch ein kleines Grundsatzprogramm haben die Zwölf formuliert (www.unabhaengige-kandidaten.de). „Selbstverantwortung, Vertrauen, Nachhaltigkeit, Vernunft“ werden darin groß geschrieben.

Ob er seinen Teil dazu beitragen kann, die Riege der Parteilosen im Europaparlament zu erweitern, will Schilling am Wahltag im Fernsehen verfolgen. Wo genau, das weiß der gebürtige Stuttgarter noch nicht: „Ich werde wahrscheinlich zusammen mit meinem Düsseldorfer Kandidatenkollegen was unternehmen.“ SEBASTIAN SEDLMAYR