Endlich vor Verfolgung sicher

Ein 39-jähriger Iraner darf nach jahrelangem Prozessieren endgültig in Deutschland bleiben. Dem Homosexuellen würde bei einer Rückkehr in sein Geburtsland die Todesstrafe drohen

von Thomas Spolert

Hossein Heidarzadeh ist überglücklich. Für ihn ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ende vergangener Woche hat der 39-jährige Iraner einen deutschen Reisepass ausgestellt bekommen. Damit endet ein schier endloser Kampf um seinen Aufenthalt in Deutschland. Nach acht Jahren hatte in letzter Instanz das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen entschieden, dass Heidarzadeh aufgrund seiner Homosexualität Asyl gewährt werden muss. Bei einer Rückkehr hätte dem schwulen Iraner die Todesstrafe gedroht.

1996 geflohen

Bereits 1996 war Hossein Heidarzadeh mit seiner Frau und den beiden Kindern mit Hilfe eines Fluchthelfers per Flugzeug aus dem Iran nach Deutschland geflohen. Beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Köln stellte er einen Asylantrag. Als Grund gab er an, dass die iranische Geheimpolizei ihn verfolge, da er als Angestellter in der Abhör-Abteilung der staatlichen Telefongesellschaft mehrere Menschen vor den gegen sie laufenden Abhörmaßnahmen gewarnt habe. Das Bundesamt hielt den Sachverhalt „frei erfunden“ und lehnte den Asylantrag ab.

Gegen diese Entscheidung klagte Heidarzadeh vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz. Als zusätzlichen Grund gab er diesmal an, dass er homosexuell und im Iran daher politischer Verfolgung ausgesetzt sei. Er habe nur auf Druck seiner sehr religiösen Familie mit 22 Jahren heiraten müssen. Dieses Coming-out vor einem deutschen Gericht war Heidarzadeh möglich, nachdem er 1999 mit seiner Familie in ein Asylbewerberheim nach Köln gezogen war. In Köln lernte er erstmals eine „offene Atmosphäre“ kennen.

Berufung in Bautzen

Die Richter in Chemnitz entschieden im November 2000, dass Hossein Heidarzadeh die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung erfülle, da „eine unumkehrbare Festlegung auf eine homosexuelle Triebbefriedigung vorliegt“. Heidarzadeh habe mit einer „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ im Iran mit einer Bestrafung zu rechnen. Doch der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten in Zirndorf sah dies ganz anders. Er legte vor dem sächsischen OVG Berufung ein. Seiner Ansicht nach könne sich der Iraner nach seiner Rückkehr ja wieder – wie schon früher – „unauffällig“ verhalten. Dieser Meinung schloss sich das Bautzener OVG nicht an. Im Februar 2004 bestätigte es das Urteil der Vorinstanz. Heidarzadeh sei im Falle seiner Rückkehr in den Iran vor politischer Verfolgung „nicht hinreichend sicher“. Wegen seines massiven Outings sei es ihm nicht mehr möglich, seine „homosexuelle Veranlagung in unauffälliger Weise auszuleben“. Seit Mitte April ist das Urteil rechtskräftig.

Freund in Teheran

Nun sucht Hossein Heidarzadeh eine Wohnung, da er aus dem Asylbewerberheim ausziehen muss. Außerdem ist der schwule Iraner auf Jobsuche. Denn Heidarzadeh hat einen weiteren Traum: „Ich will meinen iranischen Freund nach Deutschland einladen und dann hier heiraten“, verrät er mit leuchtenden Augen. Doch solange er kein eigenes Geld verdient, ist dies unmöglich. Unterdessen lebt Heidarzadeh eine Fernbeziehung übers Internet. Jeden Tag chattet er mindestens eine Stunde mit seinem Freund in Teheran und träumt mit ihm von einer gemeinsamen Zukunft in Deutschland.