Jetzt erst recht: reif für die Insel

Weil er drei Monate Urlaub am Stück machen wollte, geriet Hannoveraner Umweltdezernent ins Visier der Bild. Jezt muss „Südsee-Hans“ zu Hause bleiben

Hannover taz ■ Manchmal ist es nicht leicht, Hannoveraner zu sein. Natürlich könnte man wegen des miesen Frühlingswetters an der Leine oft darüber nachdenken, einfach abzuhauen, in die Südsee zu jetten. Viele hegen jedoch derzeit Abwanderungsgedanken wegen des kleingeistigen Provinz-Gejammers, das vergangene Woche die Expo-City erschütterte. Es ging – um Urlaub in der Südsee.

Die Bild zeigte Denkblasen mit Fotos von durchgekreuzten Aloa-Schönen und Hängematten, darunter die Schlagzeile „Südsee-Hans – Hier zerplatzen gerade seine Urlaubsträume“. Grund des Debakels: Der Umwelt-Dezernent Hans Mönninghoff (Grüne) hatte seine Urlaubsansprüche für 2004 und 2005 verbinden wollen. Er plante, von Mitte November bis Ende Januar 2005 zu verreisen – nach Neuseeland und in die Südsee. Mönninghoff, seit 16 Jahren Dezernent, wollte „aus persönlichen Gründen“ diese Extrawurst von seinem Chef OB Herbert Schmalstieg (SPD), bevor er seine neue Stelle als Wirtschafts- und Umweltdezernent antritt. Weil er „ausgeruht und mit voller Kraft“ den neuen Job beginnen wollte, bekam er den Tripp genehmigt. Das Dienstrecht erlaubt das.

Dennoch beherrschte die Urlaubs-Affäre tagelang, ellenlang und in Aufmacherform die Lokalpresse. Die Oppositionsparteien CDU und FDP sprangen sofort auf, die Privatangelegenheit Mönninghoffs wurde ein Politikum. Im „Leserforum“ zeigten die Leser der altehrwürdigen HAZ, was eine echte Hannöversche Harke ist: Ein Ex-Busfahrer schrieb, sein Chef hätte ihn „wahrscheinlich für verrückt erklärt und aus seinem Büro gefeuert“. Er wünsche Mönninghoff „einen schönen Urlaub, für immer“. Wer an „herausragender, verantwortlicher Stelle der Stadtverwaltung zweieinhalb Monate ersetzbar ist, ist den Rest des Jahres auch überflüssig“, wetterte ein „Dr.“ aus Hannover. Immerhin druckte die Zeitung auch die Zuschrift eines Lesers, der angesichts eines HAZ-Kommentars mit dem Satz „Wer erklärt das den Bürgern?“ erklärte: „Von Niedersachsens größter Tageszeitung erwarte ich mehr Weitblick statt neidvollem Gezeter.“

Schmalstieg zog schließlich die Notbremse – und strich den Ausflug. Wegen der „Medienkampagne“ habe er handeln müssen, um „Schaden von der Stadt der derzeitigen und künftigen Aufgabe des ersten Stadtrats abzuwenden“. Jetzt braucht erst mal die gesamte Stadtverwaltung Urlaub. Kai Schöneberg