Kurzarbeit wäre die Lösung

Im Wandsbeker Cytec-Werk sollen 100 Jobs gestrichen werden. Das würde perspektivisch das Ende des Werkes zur Herstellung von Kunstharzen bedeuten. Die Gewerkschaft fordert Kurzarbeit

Cytec Wandsbek gehört zu Cytec Engineered Materials. Der Konzern mit 1.700 Beschäftigten in Nordamerika, Asien und Europa gilt als weltweiter Technologieführer bei der Herstellung von Composite- und Klebeprodukten für die Luft- und Raumfahrtindustrie. Die Produkte befinden sich in fast jedem modernen Verkehrs- oder Militärflugzeug oder Hubschrauber. Cytec will krisenbedingt weltweit 600 Jobs streichen.  KVA

VON KAI VON APPEN

Die Order kommt vom Cytec-Konzernchef Shane Flemming aus den USA: Da der „beispielslose Abschwung in der globalen Wirtschaft“ das gesamte Jahr 2009 andauern werde, müssten „unverzüglich Maßnahmen zur Anpassung der Kostenstruktur“ ergriffen werden. Im Klartext: Auch im Wandsbeker Kunstharz-Werk sollen 100 der 160 Jobs abgebaut werden. Betriebsrat und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) laufen Sturm. „Personalabbau ist die falsche Antwort auf die Krise“, schimpft der IG BCE-Vize-Bezirksleiter Ralf Erkens.

Obwohl die globale Krise absehbar war, hatte der Cytec-Geschäftsführer Thomas Kunz noch im November 2008 Optimismus verbreitet. Die umgesetzte Kapazitätserweiterung werde den „Standort Hamburg weiter stärken“, verkündete er. Schon damals mahnte der Betriebsrat, ob es nicht sinnvoller sei, sich auf Kurzarbeit vorzubereiten. „Davon wollte die Unternehmensleitung nichts wissen“, berichtet der Betriebsratschef Werner Voß. „Stattdessen wird jetzt die Keule aus dem Arsenal geholt, so dass nur jeder dritte Arbeitsplatz erhalten bleiben soll“, wettert Erkens. Es sei ferner völlig unklar, wie das Werk mit rund 60 Beschäftigten und einer kleinen Restproduktion wirtschaftlich überlebensfähig sein soll, wenn zudem der Großteil der Produktion in ein Werk nach Österreich verlagert werde.

Die Belegschaft will daher entschlossen um die Arbeitsplätze kämpfen: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie das, was wir mit Schweiß und Verstand aufgebaut haben, nun mit einem Federstrich und auf immer vernichtet wird“, bekräftigt Voss. Erkens ergänzt: „Die Belegschaft steht und ist notfalls zum Arbeitskampf bereit.“

Die IG BCE und der Betriebsrat haben die Geschäftsführung aufgefordert, sofort in Gespräche über betriebswirtschaftliche Alternativen einzusteigen. Denn dass der Konzern in eine konjunkturelle Krise gerutscht ist, wird nicht bestritten. Aber auf Entlassungen zu bauen „ist die typische amerikanische Vorgehensweise, hat aber mit der deutschen Realität nichts zu tun“.

So könnte das Loch durch erweiterte Kurzarbeit überbrückt werden, ist Erkens optimistisch. Durch die neuen Regeln ist Kurzarbeit bis zu 18 Monate möglich. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung liege bereits auf dem Tisch, werde aber von den Cytec-Bossen nicht unterschrieben, da dann in dem Zeitraum Entlassungen ausgeschlossen wären. Andernfalls wird die IG BCE zügig einen Sozialtarifvertrag vorlegen, für den auch gestreikt werden kann, bevor die Produktion verlagert werden konnte. Der Sozialtarif kann den Konzern so teuer kommen, dass er seine Entscheidung vielleicht doch noch revidiert. Derartige Arbeitskämpfe für den Erhalt eines Standortes sind nach einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts zulässig.

Im Cytec-Werk an der Helbingstraße werden 200 verschiedene Kunstharz-Typen produziert. Hauptabnehmer dieser Produkte ist vor allem die Lackindustrie, aus den Harzen werden dort hochwertige Decklacke und Korrosionsschutz-Grundierungen für Autokarosserien hergestellt oder sie werden für Klebstoffe oder Kunststoffe im Behälter- und Bootsbau verwendet.